Marktpotenzial

VHF hat Perspektive

Trends & Kommunikation auf dem Bau

Sie sind funktional, energieeffizient und individuell gestaltbar: Vorgehängte hinterlüftete Fassaden punkten mit vielen Eigenschaften. Dem gegenüber stehen hohe Investitionskosten und vermeidbare Probleme, die es etwa beim Anschluss an andere Fassadenkonstruktionen gibt. Uns hat interessiert, welche Trends den Markt bestimmen und wie VHF-Verarbeiter und Fensterbauer zueinander finden, sodass am Ende alle am Bau Beteiligten zufrieden sind. -> Broschüre mit 20 VHF-Lösungen

Investoren in Ballungsgebieten, die gehobeneren Wohnungsbau betreiben, geben gerne etwas mehr Geld für die Fassade aus, mit Bekleidungsmaterialien wie Glas, Faserbeton, keramische Werkstoffe, Stein, Schiefer oder aber die klassischen Produkte wie Aluminium bzw. Aluminiumverbundmaterial, zum Teil dreidimensional geformt wie Philipp Brüggemann berichtet. Er gehört zum Vorstand des Dach- und Fassadenspezialisten Henke aus Hagen; in zwei weiteren Städten, Berlin und Hamburg, ist der Mittelständler ebenfalls präsent. Meist realisiert er VHF in Faserzement und Aluminiumverbund. Die Konfektionierung der Rohtafeln erfolgt in den beiden firmeneigenen CNC-Zentren. Die Aufträge in Neubau und Sanierung liegen bei Henke derzeit bei 60 zu 40 Prozent – Brüggemann erwartet aber, dass der Anteil an Letzterem in den nächsten Jahren zunehmen wird.

Marktanforderungen

Diesen Eindruck hat auch Ralf Füser, Geschäftsführer von F&M Fassadentechnik & Montage aus dem oberschwäbischen Dettingen an der Iller: „VHF in der Sanierung ist ein ganz großer Trend.“ In Auftrag hat er momentan zwei hochpreisige Projekte mit VHF in Keramik und Photovoltaik, außerdem eine Schule mit einer Schieferfassade, was für Süddeutschland sehr ungewöhnlich ist. 20 Prozent der Gebäudehülle bekleidet eine Hightech-Platte von 500 Euro pro Quadratmeter. Die Bandbreite der Oberflächenwerkstoffe reicht bei den Objekten des Dettinger Fassadenbauers von Faserzement-, HPL- oder Aluminium-Verbundplatten über Glas, Keramik, Feinkeramik bis hin zu Aluminium und Corten-Stahl in Sonderanfertigung. Der Markt ändert sich ständig, meint Füser. Er passe sich den neuen Anforderungen eben an.

VHF und Pfosten-Riegel-Konstruktion

Spricht man mit den beiden Fassadenspezialisten, merkt man, wie begeistert sie von ihrer Arbeit sind. Sie wissen um den Wert, der in der schönen Optik und Gestaltung einer vorgehängten hinterlüfteten Fassade liegt. Einfach gesagt, im Detail aber sehr komplex, beispielsweise, wenn es um das Zusammenspiel mit Pfosten-Riegel-Konstruktionen geht. So sehen sich die Fassadenbauer in der Praxis häufig mit gewissen Problematiken konfrontiert. Durch die gewerkeweise Planung werden Abhängigkeiten häufig erst später erkannt, und so kann es passieren, dass für die Fachfirma für die VHF nur wenige Befestigungsmöglichkeiten vorhanden sind. Abdichtungsfolien dürfen dann natürlich auch nicht mehr durchdrungen werden.

Ein weiterer Abstimmungspunkt zwischen den beiden Gewerken betrifft den Toleranzausgleich in den Ebenen. Pfosten-Riegel- und VHF-Konstrukteur arbeiten in der Regel in eigenen Aufmaßen. Brüggemann schlägt vor, gemeinsame Messpunkte festzulegen oder durch einen Vermesser vor Ort festlegen zu lassen: „Das Problem ist nur, dass wir häufig erst auf die Baustelle kommen, wenn das Aufmaß des Fensterbauers schon gelaufen ist und wir dann nicht darauf zurückgreifen können. Oder aber es wird bei Einzelfenstern gar nicht erst der Aufwand betrieben, die Fassade in eine Ebene zu bringen.“

Als Nachfolgegewerk vieles ausgleichen

Je weiter die VHF-Konstruktion vom Montagegrund entfernt ist, umso größer sind die statischen Einflüsse auf diese. Daher können etwa zwei Zentimeter mehr Ausladung in der Unterkonstruktion für den Fassadenbauer durchaus problematisch sein. Es kommt zum Beispiel vor, dass Metallbauer ihre Konstruktion an einer Extremstelle montieren und das Maß nun für die Gesamtfassade maßgebend ist, etwa dort, wo ein Bauch im Montagegrund zu finden ist. Viel sinnvoller wäre es hingegen, den Abstand der Fassade zum Montagegrund auf die gesamte Länge auszumitteln. Ein anderes Ärgernis: Die Fenster- oder Türelemente fluchten nicht. Was Andreas Vonbun, technischer Leiter der Firma Fassadentechnik Schmidt aus Heidelberg, so manches Mal zur Verzweiflung bringt, denn die VHF muss als Nachfolgegewerk möglichst alles ausgleichen. Gleiches gilt, wenn Folgendes geschieht: So stelle er „immer wieder fest, dass manche Metallbauer viel zu spät mit der Fassadenplanung beginnen, oder diese ohne Rücksicht auf andere Gewerke erstellen. Oftmals warten wir monatelang, bis wir montieren können, weil ihre Vorleistung nicht gegeben oder falsch ist und Anpassungen bzw. Korrekturen nötig werden.“

Miteinander reden

„Fensterbauer sind so ein bisschen Eigenbrötler!“ Das sagt Ralf Füser, der Fassadenspezialist aus Dittingen. „Wir hatten bei einem Projekt einen gemeinsamen Abstimmungstermin etwa ein halbes Jahr vor Baubeginn. So weit so gut. In den Planungsphasen ging es dann schon los. Da stellte sich der Fassadenbauer wie tot.“ Die einen würden in der Planungsphase sehr gut zuarbeiten, an der Baustelle haperte es dann. An Baustellenbesprechungen werde nicht teilgenommen, Termine würden verzögert, keine Einbautermine vorgegeben oder Informationen über Änderungen an der Konstruktion nicht weitgegeben. Andere Fensterbauer hingegen reagierten in der Abstimmungsphase kaum. Umso besser laufe dafür die Zusammenarbeit auf dem Bau. Eine ideale Projektabwicklung stellt sich der VHF-Spezialist dann auch so vor: Man trifft sich wöchentlich und klärt Details mit zeitlichem Vorlauf. Man redet mit- statt übereinander, informiert und handelt vorausschauend, um zeitig Steine aus dem Weg zu räumen.

Die Rolle des Bauherrn

Ob ein Bauvorhaben gut gelingt, hängt zugegebenermaßen  von einer guten Planung, stringenten Bauabwicklung und -überwachung ab. Optimierungspotenzial gibt es aber durchaus. Der Hagener Fassadenbauer sieht es etwa in der Vertragsgestaltung. So täte seines Erachtens der Bauherr gut daran, alle an der Gebäudehülle beteiligten Gewerke dazu zu verpflichten, sich vor Baubeginn zusammenzufinden und Schnittpunkte zu klären. Natürlich setzt das voraus, dass die Aufträge frühzeitig vergeben werden. Gute Erfahrung macht Brüggemann beispielsweise auch, wenn seine Firma als Arbeitnehmer oder Auftraggeber des Metallbauers agiert. Damit ließen sich Anschlussdetails ebenfalls sehr gut im Vorfeld klären.

Alle drei VHF-Verarbeiter dieses Artikels appellieren an ihre Fensterbaukollegen, frühzeitig den Kontakt zum anderen Gewerk zu suchen und eine Perspektive einzunehmen, die im Ergebnis allen Baubeteiligten zugutekommt. Das impliziert ein Aufeinander-Zugehen beider Seiten. Schließlich geht es bei der Fassade um „das Ganze“, eine aus vielen Teilen zusammengesetzte und im besten Fall harmonische Gesamtkonstruktion.

Nachgefragt: Ronny Bohle, Laukien

„Kommunikation ist die Grundlage des Erfolgs“

Momentaufnahme in Corona-Zeiten: Laukien-Verkaufsleiter Ronny Bohle spricht über Aluminium als großen Fassadentrend und über die Herausforderungen der Pandemie.

metallbau: Herr Bohle, Ihre Firma gibt es jetzt schon seit über 70 Jahren. Wie blicken Sie in dieses Jahr?

Ronny Bohle: Wir sind im dreistufigen Vertrieb groß geworden. Jetzt haben wir uns aber für Fassadenprojekte ein Stück weit neu aufgestellt. Mit Architekten und Planern, Fassadenspezialisten, Industriepartnern und Bauherren haben wir ein Netzwerk gegründet, um nicht mehr nur im dreistufigen Vertrieb zu agieren, sondern um näher am Kunden und am Projektgeschehen sein zu können. Damit sind wir in der Lage, die Wünsche der Bauherren, auf die Projekt- und Marktsituation ausgerichtet, besser zu erfüllen. 

metallbau: Was sind denn die Wünsche der Bauherren?

Bohle: Der Trend bei VHF geht eindeutig in Richtung Aluminium und Aluminiumverbundplatten. Wobei die anderen Baustoffe wie Stahl, Edelstahl und Zink natürlich weiterhin gefragt sind. Aber Aluminium bietet einfach extrem viele Gestaltungsmöglichkeiten – von großformatigen gelochten und geprägten bis hin zu digital bedruckten Elementen. VHF in Aluminium ist hochwertig, dauerhaft und vielfältig.

metallbau: Aber nicht billig! Wer leistet sich das?

Bohle: Ein Dach muss funktionieren, eine Fassade zusätzlich gefallen. Wenn Sie etwas Besonderes wollen, schauen Sie doch nicht als Erstes auf den Preis! Wir haben verschiedenste Architekten, Bauherren, private Investoren genauso wie Vertreter aus der Industrie, die sich eine solche Fassade leisten. Die jetzige Situation mit Corona ist zugegebenermaßen nicht förderlich. Um unsere eigenen Mitarbeiter und alle anderen zu schützen, mussten wir beispielsweise unsere Beratungsleistung einschränken. Der digitale Kontakt ist da leider kein vollwertiger Ersatz. Außerdem erwarten wir, dass einzelne Bauvorhaben verschoben werden. In diesem Zusammenhang merken wir, dass Bauherren darüber nachdenken, wie sie bei den Ausgaben, nicht aber bei der Individualität ihrer Fassade sparen können.

metallbau: Wie tragen Sie trotz der Widrigkeiten zu einem optimalen Ergebnis bei?

Bohle: Wir beraten und betreuen unsere Partner unter Einhaltung unserer strengen Corona-Regeln, wo es geht, vor Ort. Wir tun auch alles für das richtige Zusammenspiel unseres Netzwerkes. Frühzeitig miteinander zu kommunizieren, von der Planung bis zur Abnahme, ist die Grundlage für den gemeinsamen Erfolg. 

Marktprognose

Nach einer internen Mitglieder-Umfrage des FVHF geht die überwiegende Anzahl der Mitglieder für das Jahr 2021 entweder von einem bleibenden Umsatz oder von leichten Steigerungsraten (3,5% bis 4%) aus. Ronald Winterfeld, Geschäftsführer FVHF: „Wir sind sehr positiv gestimmt, was die Marktsituation für VHF im Speziellen, aber auch die der Bauwirtschaft im Allgemeinen angeht. Unsere Fassade passt in die heutige Zeit. Betrachten wir nur die Themen Nachhaltigkeit und Lebenszykluskosten. Sie ist eine sehr stark nachgefragte Fassade, vor allem von Bauherren der öffentlichen Hand. Aber auch die Bauherren im Wirtschafts- und Gewerbebau, die für sich selber hochqualitativ bauen, setzen VHF gerne ein.“

Aufbaulehrgang VHF-Monteur

Die Weiterbildung vom FVHF richtet sich an Quereinsteiger und Facharbeiter aus ausführenden Betrieben, die bereits den „Einstiegslehrgang VHF-Monteur“ absolviert haben. Vertieft wird in dem Lehrgang die praktische Anwendung von VHF.

Seminarinhalte sind:

a) die Montage

¬ von Aluminium-Unterkonstruktionen,

¬ mineralischer Dämmung,

¬ unterschiedlicher Bekleidungen,

¬ der VHF mit Detailausbildung von An- und Abschlüssen,

¬ der VHF mit Detailausbildung an Öffnungen,

b) die Fertigstellung des Werkstückes und abschließende Prüfung.

Die Nachfrage nach Plätzen ist sehr hoch und der Lehrgang derzeit auf zehn Teilnehmer beschränkt.
Digitale Lehrformate für dieses und andere FVHF-Seminare sind in Planung.

Weitere Infos unter: www.fvhf.de

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