Wege in den Schweizer Metallbau

Chancen für die Weiterbildung

Die Schweiz pflegt ebenso wie Deutschland und Österreich ihr sehr bewährtes duales Berufsausbildungssystem. Metallbau ist ein sehr angesehener Berufszweig. Das ist dem Zusammenwirken der ausbildenden Betriebe ebenso wie der intensiven Betreuung der Auszubildenden durch zahlreiche Institutionen mit ihrem vielfältigen Weiterbildungsangebot zu verdanken.

Der Metallbau in der Schweiz hat das in der breiten Öffentlichkeit oft noch vorhandene antiquierte „Schlosserimage“ gänzlich abgelegt. Die Metallbaubetriebe haben sich in vielen Bereichen, so im konstruktiven Glasbau, mit wegweisenden Konstruktionen einen guten Namen in der Fachwelt gemacht. In Konsequenz erhält die Schweizer Branche – vor allem der Fassadenbau – viele Aufträge aus dem benachbarten Ausland.

Jede zukunftsweisende Metallbaukonstruktion basiert auf einer guten fachlichen Erstausbildung, auf deren Basis eine fachspezifische Fortbildung bis zum Ingenieur möglich sein muss. Berufliche Bildung in der Schweiz wird vom Bund, den Kantonen und Organisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer als wichtige Grundlage der Prosperität der Schweiz gesehen und deshalb großzügig unterstützt. So lernen mit zwei Dritteln eines Jahrgangs überproportional viele Jugendliche einen Beruf, es stehen ihnen 250 Berufe in 22 Berufsfeldern zur Auswahl offen. Von den insgesamt ca. 80.000 Schulabgängern pro Jahr entscheiden sich gut 700 für den Metallbau. Um sie kümmert sich intensiv die Schweizerische Metallunion (SMU), die eigene Referate mit hochrangigen Mitarbeitern für die Beratung, Vermittlung und Weiterentwicklung der Ausbildung zum Metallbauer eingerichtet hat. Als zentrale Branchenorganisation definiert sie im Metallbau die Bildungsinhalte und bundesweit geltende Qualifizierungsprüfungen, organisiert mit einem eigenen Referat die berufliche Erstausbildung und offeriert Angebote für die höhere Berufsbildung.

So kann auch Siegfried Daumer, Referent an der SMU für die berufliche Erstausbildung, zufrieden feststellen: „Das Angebot der Berufsaus- und Fortbildung in der Schweiz ist so mustergültig, dass nahezu alle Absolventen in ihrem Beruf als Metallbauer bleiben und es dank der hohen Nachfrage der Betriebe an gut ausgebildeten Fachkräften keine Beschäftigungsprobleme gibt.“ Die Nachfrage nach Fachkräften übersteigt das Angebot weit, es kann oft nur durch die sogenannten Grenzgänger aus Deutschland abgefedert werden.

Die Gesamtkosten der Berufsaus- und Fortbildung für die staatlichen Institutionen betrugen im Jahr 2013 in der Schweiz ca. 3,7 Mrd. Schweizer Franken (CHF), davon trugen die Kantone drei Viertel der Kosten. Die Ausbildungsinhalte und Prüfungen sind durch Bundesgesetz, die sogenannten Eidgenössischen Verordnungen von 2006 und 2008, geregelt. Sie sind für alle Kantone bindend. Eine Erstausbildung im Metallbau ist in drei Fachrichtungen möglich: Metallbau, Stahlbau und Schmieden. Weitere Ausbildungsangebote sind der Metallbaupraktiker und der Metallbaukonstrukteur. Das Kunstschmieden ist dem Fortbildungssektor zugewiesen.

Interessant dürften für Kritiker der Kosten einer Berufsausbildung die Zahlen sein, die der Bund für das Jahr 2000 ermittelt hat. So betragen die Gesamtkosten der Berufsausbildung für die ausbildenden Betriebe ca. 5,2 Mrd. CHF, dem stehen produktive Leistungen von ca. 5,8 Mrd. CHF gegenüber. Dieser Nettonutzen für die Betriebe motiviert zusätzlich, Lehrstellen anzubieten. So übersteigt auch im Metallbau das Angebot die Zahl der Interessenten deutlich.

In der Erstausbildung, hier Grundbildung genannt, wird zwischen den Abschlüssen Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis (EFZ) und Eidgenössisches Berufsattest (EBA) unterschieden. Das EBA kann in einer zweijährigen Ausbildung erworben werden, die für vorwiegend praktisch begabte Jugendliche eingerichtet wurde. Damit erwerben sie einen ersten Berufsabschluss, der aber mit einer sich anschließenden weiteren Ausbildung zum EFZ führen kann. Die reguläre Ausbildung mit dem Abschluss EFZ dauert vier Jahre und findet dual statt, also mit vier Tagen im Ausbildungsbetrieb und einem Tag Berufsschule pro Woche. In der Schweiz wird sie Berufsfachschule genannt, darf also nicht mit den deutschen Berufsfachschulen gleichgesetzt werden in denen eine Berufsausbildung ausschließlich schulisch erfolgt.

15 % des Jahrgangs erwerben Berufsmaturität

In der Schweiz ist die reinschulische Ausbildung nur in den französisch und italienisch sprechenden Kantonen üblich, macht dort aber für Metallbauberufe kaum 10 % der Ausbildungszahlen aus. Ergänzt wird die duale Ausbildung durch überbetriebliche Maßnahmen in Sondergebieten des Metallbaus, sie umfassen 40 Tage während der Erstausbildung.

Besonders leistungsfähige Auszubildende können sich schon während ihrer Erstausbildung mit Kursen in Allgemeinbildung an der Berufsfachschule auf die Berufsmaturität vorbereiten, die den Zugang zu einer Fachhochschule ohne gesonderte Prüfung ermöglicht. Mit einer Ergänzungsprüfung, der „Berufsmaturität – universitäre Hochschulen“ (= Passarelle) ist sogar das Studium an einer Universität oder der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich möglich. Dieser besondere Weg zur Hochschule wurde 1994 eingerichtet und erfreut sich großer Nachfrage.

Dieser Zugang zu Hochschulen unmittelbar nach dem Lehrabschluss, den es auch in Österreich, in Deutschland aber leider nur als Schulversuch mit mindestens einem Jahr Vollzeitunterricht gibt, ist sichtbares Zeichen und Ausdruck der Wertschätzung einer Berufsausbildung und ihrer gesetzlich garantierten Gleichrangigkeit mit der akademischen Bildung. In der Schweiz erwerben gut 15 % eines Jahrgangs diese Berufsmaturität.

Wer sich für den Verbleib im Beruf des Metallbauers entscheidet, dem stehen mehrere Möglichkeiten der höheren Berufsbildung offen: Erste Stufe ist die Eidgenössische Berufsprüfung. Sie weist die Absolventen aus als Fachkräfte mit soliden praktischen Fähigkeiten, ergänzt mit fundierten theoretischen Fachkenntnissen, sie orientiert sich konsequent an den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes und bereitet auf Führungs- und Fachaufgaben vor.

Die Eidgenössische Berufsprüfung ist eine erste fachliche Vertiefung und Spezialisierung nach der beruflichen Erstausbildung und schließt mit dem Eidgenössischen Fachausweis ab. Der ist eine Voraussetzung für die Eidgenössische Höhere Fachprüfung. Eine vergleichbare Qualifizierungsstufe für Gesellen und Facharbeiter existiert in Deutschland nicht. Die Absolventen verfügen über solide praktische Fähigkeiten, ergänzt mit fundierten theoretischen Fachkenntnissen.

Eidgenössisches Diplom statt Meister

Die Eidgenössische Höhere Fachprüfung (HFP), sie ist mit der Meisterprüfung vergleichbar, qualifiziert zu Führungs- und höheren Fachaufgaben und wird mit einem eidgenössischen Diplom abgeschlossen. Neben dem Berufsziel (selbständiger) Meister ist auch eine HFP als Metallbauprojektleiter möglich — eine Qualifikation, die besonders von größeren Betrieben der Branche nachgefragt wird. Gut ein Drittel der Fachkräfte mit dem in der Erstausbildung erworbenen EFZ legt im Laufe seiner Berufstätigkeit diese beiden höheren Abschlüsse ab. Das ist, verglichen mit den Absolventen von deutschen Meisterschulen, ein sehr hoher Prozentsatz, der den Fortbildungswillen und die hervorragenden beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten deutlich veranschaulicht. Die Vorbereitung auf die Eidgenössische Berufsprüfung und die Höhere Fachprüfung geschieht berufsbegleitend. Die Bewerber verbleiben also im Betrieb und können das in Abend- und Wochenendkursen erworbene Wissen unmittelbar umsetzen.

Technische Schule mit internationalem Ruf

Eine weitere Möglichkeit für die Inhaber eines EFZ, also eines Lehrabschlusses, sind die Höheren Fachschulen. Sie sind in ihren Inhalten und Zielen breiter ausgerichtet als die Berufsprüfung oder die Höhere Fachprüfung. Der Abschluss ist das Diplom Höhere Fachschule (HF). Sie sind mit den deutschen Technikerschulen vergleichbar, umfassen allerdings zweieinhalb Jahre Vollzeitunterricht und sind so einem Studium an einer Fachhochschule vergleichbar.

Führend im Metallbau ist hier die Schweizerische Metallbautechnikerschule (SMT) Basel, die sich als gesamtschweizerisches Ausbildungszentrum versteht. Die SMT wird von der Stadt Basel getragen und ist Teil der Allgemeinen Gewerbeschule Basel (AGS). Entstanden ist sie aus der schon 1926 gegründeten „Fachschule für Schlosserei, Kunstschmiedearbeit und Eisenkonstruktion“ und genießt sogar europaweit hohes Ansehen. Im Gegensatz zu deutschen Technikerschulen werden die Studierenden nicht nur theoretisch durch einen breiten Fächerkanon in fach- und betriebswirtschaftlichen Themen fortgebildet, ihnen stehen auch Labors mit Praxisplätzen zur Verfügung. Das ermöglicht die Umsetzung von theoretisch vermittelten Lerninhalten unmittelbar in der Praxis. Pendelschlagversuche an Verglasungen unterschiedlicher Art vermitteln nachhaltiger die Kenntnisse über den modernen Konstruktionswerkstoff Glas als das jede Theorie zu leisten vermag. Die Lerninhalte reichen bis hinein in spezifische Planungstools im Metallbau und bis hin zu Qualifikationen in Personalführung und Lehrlingsausbildung. Die Exklusivität der SMT wird dadurch unterstrichen, dass jedes Jahr nur 15–20 Bewerber nach einer Aufnahmeprüfung angenommen werden. Voraussetzung ist eine abgeschlossene Berufsausbildung als Metallbauer/in oder als Metallbaukonstrukteur/in mit mindestens einem Jahr fachbezogener Praxis im Metallbau oder ein anderer Zugangsmetallberuf mit mindestens zwei Jahren Praxis im Metallbau.

Die SMT hat seit ihrer Gründung immer das Ziel verfolgt, fähigen jungen Metallbauern das nötige Wissen, die Sicherheit in der Praxis und die Selbständigkeit zu vermitteln, damit sie in ihrer späteren beruflichen Tätigkeit als Metallbautechniker, Unternehmer, Metallbaumeister oder Betriebsleiter erfolgreich bestehen können. Das sichert einen hohen Qualitätsstandard, der mit den obligatorischen fachbezogenen Projekten auf die Fachwelt großen Eindruck macht und den Absolventen die Türen in Metallbaubetrieben öffnet. Viele Fach- und Führungskräfte in Schweizer Metallbaubetrieben kommen von der SMT. Der Titel „Dipl. Techniker/in TS Metallbau SMT-TS“ ist ein Qualitätssiegel in der Schweiz und sogar darüber hinaus.

Romeo Borer, seit über sechs Jahren Leiter der SMT, sieht diese Form der Höheren Berufsqualifizierung wegweisend auch für andere Berufe. Eine solide berufliche Erstausbildung, die in einen starken Fortbildungswillen mündet und in Theorie und begleitender Praxis zu vertieften Kenntnissen führt, das kann eine rein akademische Ausbildung nie leisten und wird auch den Anforderungen der Wirtschaft nicht gerecht.

Vielfältiges Angebot an Weiterbildung

Neben dem zahlenmäßig sehr begrenzten Angebot der SMT gibt es in der Schweiz weitere Fortbildungsmöglichkeiten für Metallbauer. Für Ausbilder werden von der SMU Refresherkurse angeboten, damit diese mit neuen Lerninhalten vertraut werden, auch wenn sie nicht Gegenstand der Betriebspraxis sind. Die höhere Berufsbildung „Metallbauwerkstatt- und Montageleiter mit Eidgenössischem Fachausweis“ und „Metallbauprojektleiter mit Eidgenössischem Diplom“ richtet sich besonders an Team- und Projektleiter in der Montage von Stahl- und Metallbaukonstruktionen. Eine Fortbildung auf Hochschulniveau bietet mit dem „Bachelor of Science in Bautechnik mit Vertiefung in Gebäudehülle“ die Fachhochschule Luzern an. Dieses Angebot trägt dem Bedarf an Spezialisten für die Gebäudehülle Rechnung, ein Geschäftsbereich, der durch die erhöhten Anforderungen an den Wärmeschutz und die Einsparung von Primärenergie lange Zeit vom Metallbau vernachlässigt wurde, auch in Deutschland. Dieser Studiengang wendet sich weniger an junge Menschen mit Abitur – sie müssen ja mindestens ein Jahr im Metallbau praktisch gearbeitet haben — sondern primär an Praktiker mit EFZ und Berufsmatura, wobei letztere nicht zwingend notwendig ist.

Module statt Kursblöcke

Eine Besonderheit weist die Schweizer Fortbildungslandschaft „Metallbau“ auf, und das unterscheidet sie ganz wesentlich von ihren Nachbarländern Österreich und Deutschland: Die fachliche Fortbildung bis hin zur Höheren Fachprüfung ist modular aufgebaut. Die Interessenten müssen also weder durchgängig eine Fachschule besuchen, noch ihre Berufstätigkeit unterbrechen. Die für die Fachprüfung notwendigen Module, gut 25 an der Zahl, von Werkstofftechnik über Statik, Bauphysik bis hin zu Finanzbuchhaltung werden bei zertifizierten Anbietern besucht und dort auch nach einheitlichen Standards geprüft. Für die Zulassung beispielsweise zur Höheren Fachprüfung als Metallbaumeister müssen 760 Unterrichtsstunden in elf Modulen nachgewiesen werden. Dieses Modell ist nachahmenswert, schafft es doch durch unterschiedliche Anbieter erfreuliche Konkurrenz auf dem Markt der Beruflichen Bildung und kommt der Lebenswirklichkeit von Berufstätigen auch mehr entgegen, als feste, sich über Monate bis Jahre hinziehende Kursblöcke, wie sie an deutschen Meister- und Fachschulen üblich sind. Und sie sind nicht kostenlos, können es auch nicht sein, da sie ja nicht nur von den kantonalen Schweizer Berufsfachschulen, sondern auch Institutionen des Branchenverbands SMT angeboten werden. Doch auch hier gilt, der Nettonutzen für die Absolventen dürfte in allen Fällen positiv sein, sonst wäre das Angebot schon vom Markt verschwunden.

Fazit

Als Fazit der Beiträge zu den Berufsaus- und Fortbildungssystemen in Deutschland, Österreich und der Schweiz darf festgehalten werden: Trotz der Unterschiede in den Ausbildungszeiten, den Abschlüssen und den unterschiedlichen Wegen dahin halten alle drei Länder am bewährten dualen System mit praktischer Ausbildung in einer Meisterlehre und ergänzendem Unterricht an Berufsschulen fest. Es darf als gesicherte Erkenntnis gelten: Das ist eine der Grundlagen des wirtschaftlichen Wohlstands dieser drei Länder, und es könnte ein Modell für wirtschaftlich notleidende Länder sein.

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