Veranstaltung

VFF-Tagung zur VOB

Präsenzveranstaltung mit über 30 Teilnehmern

Mängelhaftung und höhere Gewalt waren die zentralen Themenschwerpunkte der VFF-Fachtagung „VOB und Recht“. Über 30 Teilnehmer waren bei der Präsenzveranstaltung im InterCity Hotel am Frankfurter Flughafen.

Thomas Manteufel.
Fotos: VFF

Thomas Manteufel.
Fotos: VFF
Thomas Manteufel, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Köln, referierte zum Thema „Die Mängelhaftung – Aus Sicht des Richters“. An den Anfang stellte er die Erläuterung der rechtlichen Rahmenbedingungen durch BGB und VOB/B und die unterschiedlichen Vertragstypen Kaufvertrag oder Werkvertrag. An Beispielen mangelhafter Fenster (Lackabplatzungen, „Krakelierungen“) brachte Manteufel alle wichtigen Fragestellungen bei der rechtlichen Beurteilung der Mängelhaftung zur Sprache. Er ging unter anderem auf den Unterschied zwischen Gewährleistung und Schadensersatz, die Definition des Mangelbegriffs, die Bedeutung allgemein anerkannter Regeln der Technik und die Prüfungs- und Hinweispflicht ein. Zum Schluss wies der Richter auf eine neue Rechtsprechung hin, die keinen Ersatz fiktiver Mängelbeseitigungskosten im Werkvertrag mehr vorsieht. Das heißt: „Der in Bauwerksmangel liegende Schaden kann ohne Mängelbeseitigung nicht nach den Mängelbeseitigungskosten bemessen werden.“

Das Thema „höhere Gewalt“ ist nicht zuletzt aufgrund der Corona-Pandemie sowie der verheerenden Flut- und Überschwemmungskatastrophen im Sommer verstärkt in den Fokus der Baubranche geraten. Rechtsanwalt Jörg Teller von der Baurechtskanzlei SMNG konstatierte: „Höhere Gewalt liegt vor, wenn die Verhinderung auf Ereignissen beruht, die auch durch die äußerste, billigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht vorausgesehen und verhütet werden konnte“. Die rechtliche Folge ist dann eine Fristverlängerung nach der Dauer der Behinderung. Obwohl aus baurechtlicher Sicht noch keine Urteile zu Corona und höhere Gewalt vorliegen, konnte Teller doch im Blick auf andere Rechtsgebiete verdeutlichen, dass es Beispiele gibt, die die Pandemie als höhere Gewalt einstufen.

Unter dem Titel „Covid-19, Lieferengpässen und Extremwetter: Wie teilen sich die Vertragspartner die Mehrkosten“ betonte Dr. Frank Kumlehn von CEM Consultants Prof. Wanninger + Comp. wie schon Jörg Teller, dass höhere Gewalt den Anspruch nach zusätzlicher Bauzeit begründet, aber nicht zwingend die Gewährung von Mehrvergütung zur Folge hat. Dr. Kumlehn betonte mehrfach, dass die regelmäßige Dokumentation aller Unregelmäßigkeiten in Form von Behinderungsschreiben entscheidend für einen erfolgreichen Interessensausgleich zwischen Auftraggeber und Auftrag-nehmer sind. Der Vertriebsleiter von der SMK Versicherungsmakler AG Andre Görges, Fachwirt für Versicherungen und Finanzen, lenkte den Blick auf die Frage der versicherungstechnischen Möglichkeiten im Umgang mit höherer Gewalt und erläuterte die Optionen durch Betriebsunterbrechungs- und Sachversicherungen. Den Abschluss der Vorträge zum Thema „höhere Gewalt“ bildete das Referat des VFF-Baurechtsexperten Markus Christoffel zur neuen internen VFF-Mitgliederinfo VOB.04 „Grundlagen zur Realisierung der Ansprüche aus Bauzeitenverlängerung“. Im Zusammenhang mit dem vierstufigen Modell der Vorgehensweisen und Strategien betonte Christoffel die Wichtigkeit von aktiver und verständlicher Kommunikation sowie lückenloser Dokumentation beispielsweise mittels eines Bautagebuches.

Markus Christoffel berichtete ferner zum Thema „Änderung der technischen Regeln während der Projektphase – Wer trägt die Kosten?“ Sein Fazit lautet, „dass jedes Unternehmen sich ständig über die Entwicklung der anerkannten Regeln der Technik zu informieren hat. Die kostenmäßigen Auswirkungen technischer Regeländerungen lassen die Einrichtung entsprechender unternehmensinterner Kontroll- und Kostenverfolgungsmechanismen dringend geboten erscheinen.“

„Dass wir jetzt nach zwei Jahren wieder eine Fachtagung VOB und Recht bewusst und ausschließlich als Präsenzveranstaltung durchführen konnten, ist auch deswegen richtig, weil wir sehen konnten, wie wichtig die Anwesenheit der Teilnehmer für die lebendigen Diskussionen und den Erfahrungsaus-tausch in diesem Fachgebiet sind“, betonte VFF-Geschäftsführer Frank Lange nach der Fachtagung.


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