„Die reine Montage ist außen vor“

Im Gespräch mit Betriebsleiter Reiner Schmidt

Die Wintergartenbauer tun sich mit der DIN EN 1090 immer noch schwer. ­Stefanie Manger hat beim Betriebsleiter Reiner Schmidt von Schilling in ­Großefehn nachgefragt, wie Hersteller und Metallbauer beim Bau eines ­Wintergartens kooperieren, damit die Norm vorschriftsgemäß erfüllt wird.

metallbau: Bei welchen Leistungen im Wintergartenbau kommen ausführende Metallbaubetriebe um eine Zertifizierung nach DIN EN 1090 noch herum?

Reiner Schmidt: Die Norm ist seit Juli 2014 für alle Betriebe, die tragende Teile aus Stahl oder Aluminium in oder an Gebäuden ein- oder anbauen verpflichtend. Um eine Zertifizierung kommt nur herum, wer ein fertig konfektioniertes Produkt von einem zertifizierten Betrieb kauft und nur montiert. Kauft z.B. ein Bauelementehändler ein konfektioniertes Dach bei der ­Firma Schilling, dann sind wir auch der Hersteller. Kauft ein Kunde Lagerlängen, schneidet diese selber zu und fertigt daraus ein Dach, so ist er der Hersteller und muss eine zertifizierte WPK (Werkseigene Produktionskontrolle) nachweisen. Das heißt: Der Letzte, der an statisch relevanten Teilen Änderungen durchführt (Schweißen, Bohren, Fräsen …) oder statisch relevante Teile hinzufügt, übernimmt die Rolle des Herstellers und ist für die Einhaltung der DIN EN 1090 verantwortlich.

metallbau: Warum tun sich die Ausführenden im Segment Wintergartenbau mit der Umsetzung der DIN EN 1090 schwerer als Ausführende im klassischen Stahlbau?

Schmidt: Für den Stahlbau galt bis zur Einführung der DIN EN 1090 die DIN 18800, die schon ähnlich gelagert war. Somit fiel die Umstellung nicht mehr so schwer. Außerdem kann der finanzielle Aufwand erheblich sein und, abhängig vom bisherigen Zertifizierungsstand und der Mitarbeiterzahl, mehrere Tausend Euro betragen. Bei 40 Mitarbeitern liegen die Kosten schon bei ca. 2.750 Euro, zzgl. der Kosten für die Einrichtung der WPK, für die Erstellung der Unterlagen (Handbuch), Schweißanweisungen, Dokumentationen für den Verwaltungsaufwand in der Arbeitsvorbereitung, für einen Schweißfachmann (ab EXC 2 und höher), für Abnahmeprüfzeugnisse 3.1 bzw. Werkszeugnisse 2.2 und für die Kosten der Wiederholungsauditierungen (1-2-3-3 Jahre).

metallbau: Wie aufwändig ist es für einen Systempartner des Wintergartenbaus, sich nach DIN EN 1090 zu zertifizieren?

Schmidt: Abgesehen von dem finanziellen Aufwand kann der Zeitaufwand je nach Kenntnisstand und Zertifizierungsgrad sehr unterschiedlich sein und beginnt bei sechs Wochen, kann aber auch ein halbes Jahr dauern. Des Weiteren muss eine Werkseigene Produktionskontrolle (WPK) durchgeführt werden. Diese wird von uns bereits seit über 10 Jahren praktiziert. Eine Zertifizierung nach der DIN EN 9001:2008 kam uns ebenfalls entgegen. Die Ausführung der Kontrollen sowie die Dokumentationspflichten ändern sich, sobald wir nach der Ausführungsklasse EXC 2 fertigen müssen. Hier kommt zusätzlich eine Schweißaufsichtsperson ins Spiel sowie die Prüfung aller erforder­lichen Unterlagen (Zeugnisse etc.) durch die WPK. Seit Juli 2014 hat die Normenreihe EN 1090 die in Deutschland bekannten Technischen Regeln DIN 18800-7 und DIN V 4113-3 abgelöst. Für die Bauprodukte Wintergartendach und Terrassendach gibt es keine eigenständige Produktnorm. Deshalb fallen diese Produkte in die DIN EN 1090.

metallbau: Welchen Anteil an der Zertifizierung nach DIN EN 1090 übernehmen Sie als Systemgeber und was muss vom Verarbeiter erledigt werden?

Schmidt: Als Systemgeber und Lieferant der Profile liefern wir unseren Verarbeitern, die Konstruktionen aus unseren Systemen fertigen, auf Anforderung alle erforderlichen Zeugnisse. Wenn unser Kunde Handelslängen von uns bezieht, kann er mithilfe dieser Zeugnisse seinen Leistungsnachweis erbringen. Sobald ein Kunde von uns ein konfektioniertes Dach bezieht, erhält er  von uns den Leistungsnachweis. Sowohl in der Ausführungsklasse EXC 1 als auch in EXC 2. Als reiner Montagebetrieb muss er also nicht nach der DIN EN 1090 zertifiziert sein.

metallbau: Wie kooperieren Systempartner und Verarbeiter bei der Erstellung der Leistungserklärung?

Schmidt: Bereits im Vorfeld wird in Zusammenarbeit mit dem Kunden die Anwendungssituation geklärt. Auf Wunsch wird von uns eine vorlagefähige Statik erstellt. Nachdem die Leistungsklasse festgelegt wurde, wird die Konstruktion nach Kundenvorgabe gefertigt. Wir weisen unsere Kunden bereits im Angebotsstadium auf die unterschiedlichen Ausführungsklassen hin.

metallbau: Wie informieren Sie Ihre Mitarbeiter und Verarbeiter zum Thema DIN EN 1090?

Schmidt: Unser geschulter Innen- und Außendienst informiert unsere Verarbeiter über die Grundlagen der DIN EN 1090. Zudem werden bei den jährlichen internen Kundenschulungen die grundlegenden Inhalte der DIN EN 1090 vermittelt.

metallbau: Gab es bei Ihnen schon Probleme um die Ausführung eines Wintergartens nach DIN EN 1090?

Schmidt: Bei uns gab es bis dato keine Streitigkeiten. Diese könnten entstehen, wenn die Ausführung nicht nach der DIN EN 1090 erfolgt bzw. die Ausführungsklasse nicht korrekt angegeben wurde. Als Folge könnte es zu einer Mängelrüge, ­einer Verweigerung der Abnahme, einer Zahlungsverweigerung, einer Forderung von Nacharbeiten, bis hin zum Rücktritt vom Vertrag kommen und damit auch zum Rückbau des Daches. Weiterhin könnte eine Versicherung Leistungen bei Haftungsfällen verweigern oder die Bauaufsicht könnte eine Einstellung der Arbeiten anordnen.

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