Sammlungszentrum der Tiroler Landesmuseen

Ein herausragendes Objekt

Nach außen zeigt sich der hermetisch abgeschottete Baukörper in einem grauen Kleid aus glasfaserverstärkten Betonplatten mit vereinzelten Ornamenten, die an Faustkeile erinnern. So schlicht der Bau aussieht, so raffiniert wurden Sonderlösungen und Spezialanfertigungen von Eder Blechbau umgesetzt.

Der Neubau des Sammlungs- und Forschungszentrums in Hall bündelt seit letztem Jahr den Bestand der Tiroler Landesmuseen, der bislang auf acht verschiedene Standorte verteilt war. Etwa zehn Kilometer östlich von Innsbruck liegt die Stadt Hall in Tirol. Während dort früher der Salzhandel und die Münzprägung eine tragende Rolle spielten, sind heute für die rund 13.000 Einwohner vor allem der Tourismus oder die Forschung von großer Bedeutung. Neben dem traditionellen Bewusstsein für historische Bausubstanz zeigt sich Hall auch offen für zeitgenössische Architektur. So ist jüngst nach den Entwürfen der Wiener Architekten Franz&Sue das Sammlungs- und Forschungszentrum der Tiroler Landesmuseen SFZ nach zwei Jahren Bauzeit realisiert worden.

Lage und Volumen

Es handelt sich bei diesem Objekt zwar auch um ein herausragendes Gebäude, aber anders als die meisten Haller Sehenswürdigkeiten wie die Burg Hasegg oder die Türme des Parkhotels nur maximal sieben Meter und an der Rückseite des Hangs nur zwei Meter. Zwei Drittel des 74 Meter langen und 70 Meter breiten Volumens stecken im Hang auf dem Areal des ehemaligen „Landesbauernhofes“. Und das nicht etwa, um die beeindruckende Bergkulisse dahinter noch besser sehen zu können, was natürlich ein willkommener Nebeneffekt ist, sondern vor allem aus klimatechnischen Gründen. Auf diese Weise kommt der sensible Depotbereich unterirdisch ohne aufwändige Klimatechnik aus, weil die Umgebungstemperatur innerhalb des Erdreichs konstant bleibt.

Die Nutzung

Das SFZ Hall ist seit April 2017 die zentrale Einrichtung für die von den Tiroler Landesmuseen verwalteten Sammlungsbestände, die mit mehreren Millionen Kunst- und Kulturgegenständen zum größten regionalen Bestand in Österreich zählen; darunter eine Fülle von Schätzen: Gemälde, Möbel, Musikinstrumente sowie eine Sammlung von einer Million Alpenschmetterlingen und mindestens eine Mumie gehören dazu. Der kompakte Bau bietet Platz für Lager-, Büro-, Labor- und Forschungsräume sowie für moderne Werkstätten.

Raumkonzept

Die innere Struktur des Gebäudes folgt dem sogenannten „Zwiebelprinzip“. Wie Zwiebelschichten wurden Räume mit ähnlichen Funktionen von außen nach innen angeordnet. Ganz außen liegen Depotflächen um alle anderen Räume herum. Ein umlaufender Erschließungsgang trennt sie vom Kern aus Arbeits- und Atelierräumen für die etwa 40 Mitarbeiter. Diese Räume liegen alle um ein begrüntes Atrium herum – dem „kontemplativen Denkkreis“ für die Wissenschaftler zum konzentrierten Forschen und Nachdenken. Die unbehandelte Holzfassade sowie großzügige Fensterbänder am Atrium sind das Gegenstück zur harten Hülle der geschlossenen Außenhaut.

Materialität und Gestaltung

Die mit grauen, glasfaserverstärkten Betonplatten verkleidete Außenfassade zeigt sich hermetisch. Unregelmäßig verteilte Ausbuchtungen wurden einem Faustkeil aus dem 7.– 8. Jahrtausend v. Chr. nachempfunden, dem ältesten von Menschen erzeugten Werkzeug in der Sammlung. Die Anordnung der Platten an der Fassade nimmt Bezug auf die Verteilung der Fundorte in Tirol. Durch die Verwendung des modernen Baumaterials Glasfaserbeton FibreC wird altes Handwerk mit zeitgenössischen technologischen Entwicklungen kombiniert. Das Exponat wird in der Fassade quasi konserviert. Die Gebäudehülle verfügt nur über wenige reduzierte Perforierungen: Das Tor für die Lkw-Schleuse, Lüftungsschlitze, die Fenster zur Tischlerei oder der Haupteingang durchbrechen die panzerartige Haut. Während der Arbeitstage ist das Tor geöffnet, dessen Innenseiten rot im schwarzen, solitären Baukörper leuchten.

Know-how in mehr als nur Blech

Fertigung und Montage der vorgehängten hinterlüfteten Fassade aus Glasfaserbetonplatten lag in den Händen von Eder Blechbau. Für die Kärntner aus Völkermarkt war es nicht die erste Zusammenarbeit mit den Architekten Franz&Sue. Der heutige Geschäftsführer und Bauingenieur Reinhard Werbitsch ist erst im Februar 2018 ins Unternehmen gekommen. „Ich darf jetzt die Lorbeeren dieses tollen Projekts tragen“, sagt er und würdigt die Materialwahl der Architekten: „Es zeigt etwas Dauerhaftes, Kraftvolles und Zeitloses zugleich. Das finde ich schlüssiger als beispielsweise eine Leichtbaufassade.“

Bei Eder Blechbau liegt die Kernkompetenz im Engeneering. Von der Produktion bis hin zur Technik und Montage werden dort die Ideen von Architekten und Bauherren in enger Zusammenarbeit umgesetzt. Werbitsch steht heute an der Spitze eines Unternehmens, das 1962 als One-Man-Spenglerei begann und das, anders als der Name sagt, wesentlich mehr als nur Blech verarbeitet. „Wir haben es am meisten mit Alucobond, Faserzement und Cortenstahl zu tun“, berichtet der Geschäftsführer und fährt fort: „Für jedes einzelne Material können wir eine Sonderlösung anbieten.“ So auch für das SFZ Hall.

Die Gebäudehülle

Die vorgehängte hinterlüftete Fassade aus Glasfaserbetonplatten musste mittels Hinterschnitt-Befestigungstechnik unsichtbar auf einer Aluminium-Unterkonstruktion aufgehängt werden. Projektleiter Winfried Thonhauser arbeitet schon seit 1997 für Eder Blechbau. Der Maschinenbau-Ingenieur erinnert sich: „Die Arbeit für das SFZ Hall war schon herausfordernd. Aber insgesamt ein sehr cooles Projekt.“ Mit solchen repräsentativen Bauvorhaben haben die Mitarbeiter des Kärtner Unternehmens etwa zwei oder dreimal im Jahr zu tun. Für diese Glasfaserbetonfassade wurden insgesamt etwa 8.000 laufende Meter Systemprofile, 2778 Standard-Platten, 700 Elemente mit unregelmäßigen, faustkeilförmigen Ausbuchtungen – den Bubbles – und 479 Platten der Attika-Formteile verbaut. Die Fassadenplatten aus dem Material FibreC im Format 600 x 600 mm wurden vom Hersteller Rieder fertig konfektioniert, die Ausbuchtungen geformt und ausgeliefert.

Die Anarbeitung der Unterkonstruktion und Sonderteile erfolgte in der hauseigenen Produktion von Eder Blechbau, sodass auf der Baustelle die Einzelteile zusammengefügt und montiert werden konnten. Generell ist der Betrieb maschinell sehr gut aufgestellt – unter anderem mit einem eigenen Laser-Bearbeitungszentrum, einer CNC-Plattenschneideanlage und mit einer acht Meter langen Doppelschwenkbiegemaschine. Werbitsch erläutert: „Im Fall des SFZ Hall war zwar der Hersteller Rieder fürs Vorkonfektionieren zuständig, aber für andere Projekte dieser Komplexität können wir selbst im Werk zuschneiden, bohren, fräsen und kanten.“

Unsichtbar, schwer und der Reihe nach

Nicht weniger als 25.000 Kilogramm Plattenmaterial aus Glasfaserbeton wurden auf einer geeigneten Aluminium-Unterkonstruktion montiert. Und das, ohne auch nur eine Schraube, ein Profil oder irgendeines dieser Unterkonstruktions-Elemente zum Vorschein bringen zu dürfen. „Das waren“, so berichtet Thonhauser, „die größten Herausforderungen. 25 Tonnen sind für eine Fassade schon sehr viel Gewicht“. Speziell für dieses Bauvorhaben wurde deshalb eine Objektstatik für die Fassadenunterkonstruktion erstellt, um die dafür geeigneten Systemprofile und Befestigungsmittel einzusetzen. Hinzu kam eine recht aufwändige Logistik, in welcher Reihenfolge die Platten angeordnet werden sollten. Es wurden drei verschiedene Platten-Typen eingesetzt: Plattenelement Typ 1 in ebener Ausführung für die Hauptfassade, Plattenelement Typ 2 mit dem dreidimensionalen Bubble für die architektonische Gestaltung der Fassadenflächen, und Plattenelement Typ 3 für den Attikabereich – ein abgewinkelter Formteil, der den oberen Fassadenabschluss und gleichzeitig einen Übergang auf das Flachdach darstellt.

Der guten Zusammenarbeit zwischen dem Plattenhersteller Rieder und Eder Blechbau ist es zu verdanken, dass eine intelligente Transportlogistik ausgearbeitet wurde, damit die drei verschiedenen Typen der Plattenelemente in einer zeitlich abgestimmten Abfolge gefertigt und just-in-time auf die Baustelle geliefert wurden. „Das war zwingend nötig, da die Fassade reihenweise von unten nach oben, und von einer Außenecke zur anderen Außenecke montiert wurde“, sagt Thonhauser. „Wir haben die Pläne sehr oft per E-Mail hin- und hergeschickt, weil die Architekten im 2D-Abgleich den genauen Ort der Bubbles verändert und optimiert haben.“ Das Ergebnis lässt sich sehen, findet auch Thonhauser. „Wir sind sehr stolz auf dieses Vorzeigeprojekt“, resümiert er.

Montage und Personal

Die Montage nahm etwa 20 Wochen in Anspruch. Während dieser Zeit waren aufgeteilt in zwei Teams stets sechs bis acht Mitarbeiter aus dem Völkermarkter Betrieb vor Ort. „Auf der Baustelle arbeiten unsere langjährigen qualifizierten Mitarbeiter“, sagt Werbitsch. „Wir versuchen immer, unsere eigenen Leute einzusetzen, diese sind unsere Visitenkarte.“ Zum Montageteam gehört auch immer ein Montageleiter. Jeder von ihnen ist bei Eder Blechbau mindestens seit fünf Jahren beschäftigt. Ausgebildet sind die Monteure im Metallbau, unter anderem als Metallbau-Techniker oder Schlosser.

Planung, Konstruktion und Ausführung

Hauptaufgaben der Engineering-Abteilung bei Eder Blechbau waren die technische Umsetzbarkeit der Fassade und die Ausarbeitung der Detaillösungen. „Die Vorgaben der Architektur waren“, bemerkt Thonhauser, „schon sehr detailliert ausgearbeitet. Das ist nicht immer so. Sehr oft müssen wir selbst solche Details noch planen. Diesmal nicht.“ Alle Bauteile wie Fensterläden, Halleneinfahrtstore und Eingangstüren sowie die Öffnung für die Haustechnik wurden fassadenbündig und im vorgegebenen Fassadenplattenraster von 600 x 600 mm abgestimmt und ausgeführt. Das heißt, dass auch die mit Fassadenplatten belegten Türen und Fensterläden im geschlossenen Zustand als solche nicht mehr erkennbar sind, weil sie vollständig in die Fassade integriert sind.

Fazit

Architekten und Ausführende dürfen wirklich stolz auf sich sein. Denn auch die Toleranzen für den Bau liegen weit unter der Norm. Auf den beiden Gesamtlängen von 70 und 74 Metern liegen diese unter einem Zentimeter. Und auch, wenn das Gebäude nicht besonders hoch aufragt, so ist doch die Leistung eine herausragende. Das fand auch die Jury des Awards „Geplant+Ausgeführt 2018“ und prämierte das Objekt im Rahmen der Internationalen Handwerksmesse in München mit dem dritten Preis für die vorbildliche Kooperation zwischen Planern und ausführenden Firmen.

Info & Kontakte

Eder Reinhard BlechbaugesmbH
Frankenweg 2
A-9100 Völkermarkt
Tel. +43 42 32 31 72-0

www.eder-blechbau.at

Franz und Sue ZT GmbH
Hornbostelgasse 3/2/32
A-1060 Wien
Tel. +43 1 941 52 65-0

www.franzundsue.at

Rieder Smart Elements GmbH
Mühlenweg 22
A-5751 Maishofen
Tel. +43 6542 690 844

www.rieder.cc

Bautafel

Objekt: Sammlungs- und Forschungszentrum der Tiroler Landesmuseen

Standort: Hall in Tirol

Bauherr: Land Tirol, Abteilung Hochbau

Architektur: Franz und Sue ZT GmbH, Wien

Fassade: Eder Blechbau, Völkermarkt Rieder, FibreC
BGF: 14.030 m²

Fertigstellung: April 2017

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