Dreifach-Isolierglas wird leichter

Energy Glas bietet Neues

Mit mutigen Entschlüssen, Tatkraft und Investitionen in Hightech Maschinen ist es Energy Glas im hessischen Wolfhagen gelungen, einen Teil der Pommernkaserne zu einer Produktionsanlage für Isolierglas umzubauen. Nach einer siebenmonatigen Bauphase startete im April 2008 die Glasproduktion. metallbau hat das Werk im Rahmen der Isolar-Glas-Tagung besichtigt.

Gleich im ersten Betriebsjahr expandierte die Belegschaft auf 35 Mitarbeiter, derzeit beschäftigt der Isolar Partner 92 Mitarbeiter. Die vollständige Investitionsmaßnahme ist erst seit Juni dieses Jahres abgeschlossen, die Vorspannlinie für Dünnglas seit fünf Wochen in Betrieb. Den Kraftakt der Firmengründung haben die vier Geschäftsführer Elmar Dohmann, Kai Franke, Mirco Franke und Vater Hans im Schulterschluss gestemmt. Drei von ihnen haben nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen eines marktführenden Glasherstellers im Jahr 2007 ihre langjährigen Branchenerfahrungen für diesen Weg in die Selbständigkeit umgesetzt. Mirco nutzte das unternehmerische Engagement der Familie und sattelte kurzerhand vom Krankenpfleger zum Unternehmer um.

Rund 10 Millionen Euro sind in den Aufbau der Glasproduktion geflossen. Allein 5 Millionen Euro wurden ausgegeben für den Neubau einer weiteren Halle und deren Ausstattung mit Lisec Maschinen. Die  Anlage umfasst ein Glaslager, ausgestattet mit einem Portalkran FlyOver, ein Hochleistungs-Schneidzentrum, Glas-Waschmaschinen und Kantenschleifanlagen.

Innovation dank neuester Maschinen. Der Vorspannofen HAL 50/17 wurde im März installiert. „Von diesen Öfen werden weltweit bislang 12 Stück eingesetzt, in Deutschland ist es der erste für die Glasproduktion im Fenster- und Fassadenbereich“, berichtet Hans Franke. Mit diesem Ofen, der für das Vorspannen von dünnen Gläsern entwickelt wurde, ist Energy Glas in der Lage für Dreifach-Isolierglas eine Innovation zu leisten: Nämlich Dreifach-Isolierglas mit dem Gewicht von Zweifach-Verglasungen. „Wir sehen ein enormes Marktpotenzial für vorgespanntes Dünnglas. Unsere Investition wird sich schnell rechnen“, ist Dohmann überzeugt. Bislang werden täglich ca. 900 m² Dreifach-Isolierglas produziert, insgesamt liegt der Anteil bei ca. 53 %.

Mit der Lisec Anlage kann beispielsweise eine Isolierglasscheibe mit einer Abmessung von 1.500 x 2.500 mm als Dreifach-Element mit den Scheibendicken 3-2-3 mm produziert werden. Dabei sind alle drei Scheiben vorgespannt und bieten mit der dreimal höheren Biegezugspannung ein wesentlich höheres Sicherheitsmoment im Vergleich zu Floatglas. „Fast noch wichtiger aber ist die Gewichtsreduktion gegenüber dem Vergleichselement“, stellt Hans Franke fest. Von 140 kg sinkt das Gewicht auf 75 kg. „Diese Gewichtsreduktion in Kombination mit der hohen Sicherheit des Glases lässt eine attraktive Preisgestaltung zu“, so Franke. Zum Juli hat der Glashersteller das Neutralux Wärmeschutzglas triple light eingeführt. Statt 30 kg/m² wiegt die Scheibe nurmehr 19,5 kg/m² und soll mit dem Aufbau 3-18-2-18-3 einen Ug-Wert von 0,5 W/ m²k erreichen.

Luftkissentransport des Glases. Die Lisec Vorspanntechnik beruht auf einem  Hochkonvektionsluftsystem zur Erwärmung und zum Transport des Glases. In der Heizzone des Ofens wird Luft über ohmsche Heizungen in einem Kreislaufsystem erwärmt und an die Scheiben geführt. Das Konvektionssystem unterstützt den Transport der Scheibe, die Durchsichtsflächen bleiben wie auf einem Luftkissen während des Transportes unberührt. Ohne diese Art Luftkissentransport würden sich bei einer Glasdicke von 1,8 mm die Roller der Transportflächen abdrucken. „Dies kann bei unserer Produktion völlig ausgeschlossen werden und sichert uns einen Innovationsvorteil gegenüber Mitbewerbern“, erklärt Hans Franke. Mit dieser Technik ist es möglich, Floatglas bis zu einer minimalen Dicke von 1,8 mm mit absolut planen Oberflächen vorzuspannen.

Zudem spielen beim Konvektionssystem die reflektierenden Eigenschaften von Beschichtungen fast keine Rolle. „Im Vergleich zu herkömmlichen Radialöfen bedeutet das einen um bis zu 50 % schnelleren Energieübertrag beim Aufheizen und anschließenden Kühlen der Gläser. Damit reduzieren sich die Prozesszeiten bei beschichteten oder bedruckten Gläsern. „Dank Luftkissentransport können wir beschichtete oder doppelt bedruckte Gläser ohne Qualitätseinbußen der Oberflächen vorspannen.“

Umsatz und Kapazität. Der Umsatz von 11,5 Millionen Euro im vergangenen Jahr deutet hin, dass das Konzept der vier Geschäftsführer aufgeht. Ohne weiteren Ausbau der Anlagen kann die tägliche Produktion von 1.800 m² auf 2.400 m² erweitert werden, wie Dohmann informiert. Derzeit fährt die Produktion zwei Schichten, Kapazität für eine weitere Schicht ist vorhanden.

Der Werkzeugmachermeister betont: „Die Anlage ist so ausgeklügelt installiert, dass wir innerhalb von drei Tagen liefern können.“ Damit es bei den Lieferungen der Hightech-Produkte keine Schwierigkeiten gibt, wird zu 75 % mit eigenem Personal und Fuhrpark transportiert. Der Export – in erster Linie nach Holland – macht ca. 30 % aus. Aus der Metallbaubranche in Deutschland gehören u.a. Anders Metallbau in Fritzlar, Wolf Metallbau in Fulda, Metallbau Hölscher in Kleve und Metallbau Dallwig in Kassel zu den Kunden.

Innovative Nachbarschaftshilfe. Bei einem Projekt zur Umnutzung einer Panzerunterstellhalle in der Nachbarschaft von Energy Glas hatten die Isolar-Glas-Partner beim Bau eines transparenten PV-Daches Gelegenheit zu zeigen, über welches Innovationspotenzial sie in Kooperation verfügen.
Aus der Unterstellhalle der Pommernkaserne wurde die Herwig-Blankertz Berufsschule. Klassenräume wurden in fünf separaten Einzelgebäuden in der weitläufigen Halle untergebracht.

Die originalen Stahlträger der ca. 7.000 m² großen Unterstellhalle wurden sandgestrahlt und lackiert, das Dach mit etwa 7.000 Voltarluxscheiben aus den Glaswerken Arnold in Merkendorf abgedeckt. In diesen Gläsern sind transparente ASI Dünnschichtmodule integriert. Die Unterkonstruktion des Dachs war eigentlich aus Metall geplant, wurde dann jedoch aus Kostengründen aus Holz umgesetzt. Als Berater vor Ort stand Energie Glas Geschäftsführer Hans Franke zur Verfügung. „Neben der Beratung haben wir auch die Montage der Module übernommen, wobei das eine Nachbarschaftsleistung war“, berichtet Franke.

Lichtspiele in Pausenhalle. Die Halle mit dem transparenten Solardach und einer Schüco Pfosten-Riegel-Fassade aus Stahl fungiert als Wetterschutz. Ausführendes Metallbauunternehmen war Rainer Mantel, ansässig in Bad Karlshafen. Überstromöffnungen in der Halle und die Zuluft in den Klassenzimmern lassen sich über den mechatronischen Beschlag TipTronic automatisch über eingegebene Werte steuern. „Wird in der Halle oder auch in den Klassenzimmern eine höhere Temperatur als außen gemessen, dann öffnen sich die Fenster und Türen automatisch, die Luft in den Räumen kühlt ab“, erklärt Dohmann. Während des Unterrichts ist die Automatik deaktiviert.

Die Auszubildenden, insbesondere die Metallbauer Fachrichtung Konstruktionstechnik, finden in ihrer Berufsschule nicht nur einen CNC-Fachraum mit modernster Maschinentechnik wie beispielsweise einer Fünf-Achs-Fräsmaschine, sondern erleben täglich im Lichtspiel der PV-Architektur, wie sich mit den Möglichkeiten des konstruktiven Metallbaues der bauliche Charakter einer Panzerunterstellhalle mit den Anforderungen eines modernen Schulgebäudes verbinden lässt. Ansprechend wirkt vor allem das Lichtspiel, das die Sonnenstrahlen durch das semitransparente Voltarlux auf den Betonboden der ehemaligen Panzerunterstellhalle werfen. Das Spezialglas stammt aus dem Glaswerk Arnold in Remshalden. Fahrbahnmarkierungen auf dem Boden erinnern an die Funktion des ursprünglichen Gebäudes. „Hätte man größere Solarzellen in die Glasscheiben eingebaut, würden sich auf dem Boden unschöne Schlagschatten ergeben“, erläutert Dohmann. Ein spezieller Effekt für das Lichtspiel wird durch die 30 Scheiben ohne Photovoltaikzellen erreicht. Diese wurden in losen Abständen in die Dachfläche integriert. „Der Wunsch des Architekten wurde umgesetzt, wenngleich dies den Aufwand der Verkabelung der PV-Glasscheiben deutlich erhöhte“, so Dohmann. Schüler und Lehrer werden den direkten Durchblick gen Himmel sicher hin und wieder genießen. Architektonisch ergibt sich ein abwechslungsreicher Kontrast zu den Glasscheiben mit den PV-Modulen, die wie eine gewebte Silhouette vor den ziehenden Wolken wirken: Ein Beschattungssystem mit Finesse, das Schülern und Lehrern in den Pausen eine stimmungsvolle Atmosphäre beschert – zumindest bei heiter bis wolkigem Wetter.

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