Rechtsserie (3)

Abnahme und Mängelansprüche

Abnahme – Definition
Die Abnahme (§ 640 BGB, § 12 VOB/B) ist die Entgegennahme der Werkleistung und ihrer Billigung als im Wesentlichen vertragsgerecht, so die einhellige Definition in Rechtsprechung und Literatur. Zwar mag diese Definition knapp und unspektakulär klingen, die Bedeutung der Abnahme in der Praxis ist jedoch erheblich, die Folgen sind weitreichend.

Rechtliche Konsequenzen der Abnahme
Der Werklohn des Auftragnehmers (AN) wird fällig, die Gefahr der zufälligen Verschlechterung der Leistung geht auf den Auftraggeber (AG) über, und der AG kann Mängelrechte verlieren, wenn er Mängel bei der Abnahme feststellt, sich seine diesbezüglichen Rechte aber nicht vorbehält. Hierauf hat auch der Metallbauer zu achten, wenn er selbst AG eines Subunternehmers ist.
In der Praxis kommt es häufig vor, dass die Vertragsparteien ausgiebig über Mängel vor der Abnahme diskutieren, die aber vom AN nicht bis zur Abnahme beseitigt werden bzw. deren Abarbeitung vom AG nicht konsequent verfolgt wird. Alleine die Tatsache, dass beide Parteien die Mängel kennen, reicht aber nicht aus. Werden diese bei der Abnahme nicht festgehalten und behält sich der Metallbauer als AG eines Subunternehmers seine diesbezüglichen Rechte nicht vor, stehen ihm keine Mängelansprüche mehr zu. Auch einen möglichen Vertragsstrafenanspruch kann er verlieren, wenn er bei der Abnahme keinen entsprechenden Vorbehalt erklärt.
Des Weiteren beginnt mit der Abnahme die Verjährungsfrist für Mängelansprüche zu laufen und die Beweislast für das Vorhandensein eines Mangels geht auf den AG über. Die Auswirkungen dieser Beweislastumkehr sind nicht zu unterschätzen, hängen die Erfolgsaussichten gerichtlicher Verfahren doch regelmäßig von der Frage ab, wer was beweisen muss und insbesondere kann.

Tipp: Förmliche Abnahme mit Abnahmeprotokoll
Unter Berücksichtigung der weitreichenden Konsequenzen der Abnahme ist grundsätzlich eine förmliche Abnahme zu empfehlen. Hierbei handelt es sich um eine besondere Form der ausdrücklich erklärten Abnahme, die im BGB nicht geregelt ist, aber im Rahmen eines BGB-Werkvertrages vereinbart werden kann. Nach der VOB kann ausdrücklich jede Vertragspartei eine förmliche Abnahme verlangen (§ 12 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B), bei der in der Regel eine gemeinsame Überprüfung der Bauleistung im Rahmen eines Abnahmetermins erfolgt, wobei das Ergebnis schriftlich festgehalten wird. In dieses Protokoll sind auch die oben genannten Vorbehalte bezüglich etwaiger Mängelrechte/Vertragsstrafenansprüche aufzunehmen. Beide Parteien haben Anspruch auf Aufnahme ihrer Erklärungen in das Protokoll.

(Unberechtigte) Abnahmeverweigerung
Zu Auseinandersetzungen in der Praxis kann es kommen, wenn der AG die vom Metallbauer geforderte Abnahme (zu Unrecht) verweigert. Unberechtigt ist eine solche Verweigerung, wenn keine bzw. lediglich „unwesentliche“ Mängel vorliegen. Es liegt auf der Hand, dass sich die Streitigkeiten dann auf die Frage konzentrieren, wann Mängel wesentlich sind oder eben nicht. Diese Frage ist in jedem Einzelfall neu zu beantworten, eine „Berechnungsformel“ existiert nicht. Verweigert der AG die Abnahme zu Unrecht, treten jedenfalls die oben dargestellten Abnahmewirkungen ein.

Mängelrechte
Bereits vor der Abnahme kann der Metallbauer verpflichtet sein, Mängel zu beseitigen. Das Thema „Mängelansprüche“ wird aber meist erst in dem Zeitraum nach der Abnahme und vor Ablauf der Frist zur Geltendmachung von Mängelansprüchen relevant. Diese Frist beträgt bei Bauwerken nach BGB fünf Jahre bzw. vier Jahre nach VOB/B.

Der Mangelbegriff
Mängelrechte des AG setzen einen Mangel voraus; ein solcher liegt nach § 633 BGB / § 13 Abs. 1 VOB/B vor, wenn das Werk nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. In der Praxis werden Beschaffenheitsvereinbarungen meist mithilfe von Leistungsbeschreibungen und -verzeichnissen getroffen. Nur wenn es an einer (ausdrücklichen oder konkludenten) Beschaffenheitsvereinbarung fehlt, ist zweitrangig zu prüfen, ob sich das Werk für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach Art des Werkes erwarten kann.

Mangelbeseitigungspflicht und -recht
Hat der Metallbauer mangelhaft geleistet, muss ihm der AG grundsätzlich den Mangel anzeigen, ihm eine Frist zur Mangelbeseitigung setzen und ihm damit die Möglichkeit zur Mangelbeseitigung einräumen. Den Metallbauer trifft nicht nur eine Nachbesserungspflicht, vielmehr korrespondiert mit dieser Pflicht auch das Recht zur Nachbesserung. Hierzu zählt, dass ihm grundsätzlich auch die Entscheidung über die erforderlichen Mangelbeseitigungsmaßnahmen überlassen ist.
Vorsicht ist geboten, wenn der Metallbauer einen Subunternehmer beauftragt hat, dessen Leistung vom Hauptauftraggeber beanstandet wird, und der Metallbauer die entsprechende Mängelrüge seines AG lediglich kommentarlos an den Subunternehmer weiterleitet. Dies stellt nach der Rechtsprechung selbst dann kein schriftliches Mangelbeseitigungsverlangen dar, wenn damit die Einladung zu einem Ortstermin zwecks Abklärung der Mangelverantwortlichkeit verbunden ist. Für die Praxis gilt es daher zu beachten, dass der Metallbauer als AG eines Subunternehmers diesen immer selbst zur Mangelbeseitigung auffordern und hierfür eine angemessene Frist setzen muss. Es macht gewiss Sinn, die Schreiben des Bauherrn bzw. seines eigenen AG als Information an den Subunternehmer weiterzuleiten.

Unberechtigte Mangelrüge und Kosten für Überprüfung des Mangels
Fraglich ist, wie sich der Metallbauer verhalten soll, wenn er einen Mangel angezeigt bekommt, diese Rüge aber für unberechtigt erachtet. Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. Urteil vom 02.09.2010, IBR 2010, 611) gilt, dass der in Anspruch genommene AN Maßnahmen zur Mängeluntersuchung jedenfalls nicht davon abhängig machen darf, dass der AG eine Erklärung abgibt, wonach er die Kosten der Untersuchung für den Fall übernimmt, dass der AN nicht für den Mangel verantwortlich ist. Der AG hat vorab nicht die Verantwortung, die Mangelursache objektiv klären zu lassen.  „Es ist Aufgabe des AN, Mängelbehauptungen zu prüfen und Grund und Umfang seiner Leistungspflicht selbst zu beurteilen.“ Dennoch empfiehlt sich in einem solchen Fall ein schriftlicher Hinweis des Metallbauers, dass er die Kosten für die örtliche Überprüfung in Rechnung stellen wird, sollten die gerügten Mängel nicht vorhanden sein. Das OLG Koblenz (Beschluss vom 04.03.2015, IBR 2015, 302) hatte dem AG nach einem Hinweis des AN die Kosten für die Überprüfung auferlegt, nachdem sich dessen Mängelrüge als unberechtigt erwiesen hatte.

Weitere Mängelansprüche
Ist der Metallbauer einer (berechtigten) Mangelbeseitigungsaufforderung nicht nachgekommen, kann der AG nach Ablauf der gesetzten Frist den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Unter bestimmten weiteren Voraussetzungen kann er von dem Vertrag zurücktreten oder die Vergütung mindern und – ebenfalls unter weiteren besonderen Voraussetzungen – Schadensersatz oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen. Dies ist im Rahmen eines BGB-Werkvertrages der Vorschrift des § 634 BGB zu entnehmen. Die VOB/B entspricht zwar im Wesentlichen der gesetzlichen Regelung, enthält jedoch für die Mängelrechte des AG in Teilbereichen eine abweichende Regelung. So steht dem AG eines VOB/B-Vertrages kein Rücktrittsrecht zur Verfügung, und auch eine Minderung ist nur unter engeren Voraussetzungen möglich.

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