Österreichischer Stahlbautag
Impulse für den MarktÜber 330 Besucher nahmen Anfang Mai am Österreichischen Stahlbautag in Graz teil. Es ging u.a. um die Nachhaltigkeit von Stahl, die neue EU-Bauproduktenverordnung (metallbau 3/2025) und beeindruckende Stahlbauprojekte. Im Rahmen der Veranstaltung wurde der Österreichische Stahlbaupreis an die Firmen MCE und Zeman & Co verliehen; mit einer Anerkennung ausgezeichnet wurden Herbrich Consult ZT und Metallica Stahl- und Fassadentechnik. Weitere Informationen und Fotos zu den Stahlbaupreisen, auch zu denen für die Studierenden, finden Sie unter www.metallbau-magazin.de.
Angesichts der Vielzahl an Tagungen zum Thema nachhaltiger Stahl lieferte Dipl.-Ing. Jens Haberkorn eine zentrale Zahl. Der Vertriebsmitarbeiter von ArcelorMittal stellte am Rande des Stahlbautags fest: „Vom jährlich abgesetzten Stahlvolumen in der EU macht Grüner Stahl mit EPD-Zertifikat derzeit nur ca. 1% aus.“ Laut dem Stahlhändler EMW-Services in Neunkirchen wird grüner Stahl – je nach Sorte – zwischen 60 und 300 Euro/Tonne teurer angeboten.
In seinem Vortrag folgerte Andreas Fromm vom ASFiNAG Baumanagement aus der These, dass der geringste CO2-Ausstoß durch Nicht-Bauen entstehe, dass Infrastrukturbauten zumindest möglichst langfristig nutzbar sein sollten. Er informierte, dass es in Österreich nur ca. 400 Stahl- bzw. Stahlverbundbrücken sind – von insgesamt ca. 5.000 Verkehrsbrücken. „In diesem Sektor sollte wegen der Recyclingfähigkeit und der Tragfähigkeit von Stahl mehr für den Werkstoff möglich sein; auch bei Sanierungen werden Stahlkonstruktionen eingesetzt, vor allem um Brücken zu stützen.“
Stahlbrücken im Fokus
ÖBB-Vorständin Judith Engel konnte für den Schienenverkehr bereits einen Zuwachs an Stahlbrücken in den letzten Jahren belegen und prognostizierte eine weiter steigende Nachfrage. Die Gründe: Robustheit, Langlebigkeit und Qualität – auch die Möglichkeit, dass sich alte Stahlbrücken im Nachgang berechnen ließen und sich brauchbare Aussagen für das Tragwerk ableiten lassen, sei für die Nachweisbarkeit von Funktionsänderungen hilfreich. Eine der ältesten Stahlbrücken in Österreich ist die Traunbrücke Wels aus dem Baujahr 1893; im Schnitt erreichen die ÖBB-Stahlbrücken ein Alter von ca. 48 Jahren. Weiter argumentierte Engel, dass Stahlbrücken unter Betrieb flexibel erneuerbar sind. Holz erteilte sie für den Brückenbau im Schienenverkehr prinzipiell eine Absage: „Holz kommt in diesem Bereich als Baustoff nicht in Frage.“ Entscheidend für die Zukunft sei, die Korrosion an den Stahlbauwerken in den Griff zu bekommen.
Betrachtet man die Verteilung der Emissionen über den Lebenszyklus hinweg, entfallen laut Andreas Fromm vom ASFiNAG Baumanagement in Wien bis zu 84% auf die Herstellung des Materials, bis zu 22% auf den Energiebedarf des Bauprozesses und bis zu 17% für den Transport des Materials zur Baustelle. Die weiteren Parameter wie Gerätetransport, Materialrückbau oder Hilfmaterialien sind wegen geringer Emissionen eher zu vernachlässigen.
Da recycelter Beton bei der Herstellung dieselben CO2-Emissionen erzeugt wie regulärer Beton, hat Stahl mit seiner Recycelbarkeit überzeugende nachhaltige Vorteile.
Damit Parameter wie Grüner Stahl, Kreislaufwirtschaft und andere Faktoren zur Reduktion von CO2 in der Auftragsabwicklung verpflichtend berücksichtigt werden, forderte Fromm neue Vertragsmodelle und Vergabeprozesse. Der Faktor Qualität müsse bei der Vergabe eine größere Rolle spielen. Immerhin fließt der Faktor Qualität inzwischen zu 15% in die Vergabe ein, im Jahr 2000 waren es nur 3%. „Ob bis zum Jahr 2030 eine Balance zwischen Kosten und Qualität erreicht wird, ist fraglich“, so Fromm. Die ASFiNAG, als Infrastrukturgesellschaft des Bundes, investiert 52% der Mauteinnahmen direkt ins Bauprogramm für Verkehr.
Österreich kritisiert deutsche Stahl-Förderpolitik
Über die Umstellung der Stahlproduktion in CO2--ärmere Abläufe referierte Dipl.-Ing. Herbert Eibensteiner von voestalpine. Seinem Vortrag schickte er voraus, dass bei voestalpine lediglich 9% vom Jahresumsatz mit Stahl für den Bausektor erwirtschaftet wird. Ziel der laufenden Transformation sei, bis zum Jahr 2050 alle fünf Hochöfen durch Elektroöfen abzulösen. Setzt der österreichische Stahlproduzent das Ziel in Verbindung mit der CO2-Reduktion um, dann erhält er vom Staat einen Förderzuschuss von ca. 90 Mio. Euro. Eibensteiner monierte die sehr hohen Vorabzuschüsse für deutsche Stahlproduzenten wie Salzgitter, Thyssenkrupp Steel oder das Bremer Stahlwerk von ArcelorMittal.
Ifo-Präsident Prof. Clemens Fuest erinnerte beim VFF-Jahreskongress in Berlin (siehe Seite 25) daran, dass die wirtschaftliche Bedeutung der Stahlproduktion den massiven staatlichen Investitionen der ehemaligen Ampelregierung nicht gerecht werde. Fuests Statement unterstreicht die wertebasierte Entscheidung der Ampelregierung, den historisch-traditionellen Standort Deutschland für die Stahlproduktion erhalten zu wollen.
Österreichischer Stahlbaupreis
21 Bewerbungen gingen für den Österreichischen Stahlbaupreis ein. In der Kategorie „Hochbau“ gewann der Turm des Bauhaus-Archivs in Berlin, die Stahlkonstruktion stammt von Zeman & Co. Die Jury begründete: „Über mehrere Geschosse hinweg vorgefertigte Bauteile werden von filigranen Stäben zusammengehalten, die eine tanzende Fassade um den konditionierten Kern formen. Die klar erkennbare Stahlkonstruktion erinnert in ihrer Anmutung an ein Bambusgerüst, das schützend vor das zentrale Bauwerk gestellt ist. Die bauphysikalisch entkoppelte Anbindung der Holzelemente, die durch eine Glasfassade thermisch gefasst werden, zeugt von Innovationsgeist.“
In der Kategorie „Infrastruktur“ siegte die U81 Stadtbahnbrücke über den Nordstern bei Düsseldorf vom Stahlbauer MCE (Titelcover metallbau 6/2025). Die Jury begründete ihre Wahl: „Die komplexe Geometrie der im Grundriss stark gekrümmten Eisenbahnbrücke, deren Tragwerk als vorgefertigte Konstruktion an seinen Bestimmungsort eingeschoben wurde, demonstriert hohe fachliche Kompetenz, Präzision in der Fertigung sowie die Bereitschaft, Montageprozesse ganzheitlich zu denken und kreative Lösungen im Infrastrukturbereich zu finden.“
Des Weiteren wurden zwei Anerkennungen ausgesprochen. In der Kategorie "Leichtigkeit mit Stahl" erhielten die Anerkennung die Firmen Herbrich Consult ZT GmbH und Metallica Stahl- und Fassadentechnik für das Projekt Büro- und Hotelgebäude Helix in Salzburg. Die Jury begründete: "Das architektonische Konzept, einen dreigeschossigen Baukörper vom Boden ‚abzuheben‘, wird mit einer eleganten, durch die Glasfassade schimmernde Stahlkonstruktion umgesetzt. Weithin sichtbar schwebt ein kreativ konzipierter ‚Reifrock’ um die Vertikalerschließung und reduziert den weiteren Bodenkontakt auf wenige Auflagerpunkte. Die bautechnische Umsetzung stellt die Aspekte des Tragwerks in den Vordergrund – auch jene, die im Grundriss gestalterische und technische Herausforderungen darstellen."
Die zweite Anerkennung wurde unter der Überschrift "CI durch Stahlmasten" den Firmen Bollinger und Grohmann ZT ausgesprochen. Die Jury begründete: "Dieses Projekt wird für seinen künstlerischen Ausdruck und die sichtbare Wertschätzung scheinbar trivialer Infrastruktur gewürdigt. Durch die Schaffung prototypischer Ikonen für die Erneuerung des Stromnetzes in Estland werden gewöhnliche Strommasten neu interpretiert. Der Jury ist bewusst, dass der Formübergang im Bereich der Knotenpunkte eine Verkleidung, ein formaler Akt ist, der dem Purismus klassischer Stahlbaukonstruktion widerspricht und wirtschaftlich nicht optimiert ist. Dennoch begeistert die Idee, an ausgewählten Orten Gestaltungselemente einzusetzen, die eine notwendige technische Einrichtung in eine neue architektonisch, gestalterische Bedeutung überführen."
Infos & Tools
Über Neuigkeiten aus dem Verband informierte in Graz Dipl.-Ing. Georg Matzner. Der Geschäftsführer des ÖSTV stellte einen CO2-Rechner zur Betrachtung der CO2-Bilanz von gebauten Stahlbauprojekten vor; das Tool ist sowohl für Mitglieder des ÖSTV als auch für die von bauforumstahl in Düsseldorf nutzbar. Ferner ist eine Broschüre zu CO2-armen Stählen geplant. Des Weiteren ist der Verband mit der neuen EU-Bauproduktenverordnung beschäftigt und mit den Änderungen, die die BPV auf die EN 1090-1 hat. Im vergangenen Jahr herausgegeben wurde die OSTV-Richtlinie 001 „Offene Parkdecks“ mit einem Exkurs zu Elektrofahrzeugen. Im Ergebnis führt aber das Brandverhalten von Elektrofahrzeugen zu keinem Änderungsbedarf der Richtlinie. Um den Dokumentationsaufwand für Materialprüfzeugnisse mithilfe maschinenlesbarer Daten zu reduzieren, ist Geschäftsführer Matzner in Abstimmung mit den Herstellern und dem bauforumstahl in Düsseldorf.
www.stahlbauverband.at