Nicht genug & zu langsam

Die Bau- und Metallbaumärkte in Deutschland haben ein schwieriges Kapitel hinter sich und stehen weiter unter Druck – seit Anfang Oktober ist klar, dass  für den Fassadenbauer Roschmann Konstruktionen aus Stahl und Glas in Gersthofen während des Insolvenzverfahrens kein Investor gefunden werden konnte. Rund 120 Mitarbeiter müssen entlassen werden. Ein Kernteam wird die noch laufenden Kundenprojekte geordnet zu Ende führen, heißt es in der Pressemitteilung von Anchor Rechtsanwälte. Eine schwächere Marktentwicklung, rückläufige Aufträge und projektbezogene Verzögerungen hatten den Liquiditätsengpass verursacht. Hinzu kamen inflationsbedingte Kostensteigerungen und höhere Fremddienstleistungen durch die Umstellung auf eine schlankere Fertigungsstruktur. Die Teilgesellschaft Roschmann Glas, ein Hersteller von Spezialglas mit ca. 60 Mitarbeitern, wurde von der österreichischen Ertl Glas AG übernommen. Laut Insolvenzverwalter Dr. Alexander Zarzitzy wird Ertl den Geschäftsbetrieb unverändert fortsetzen. Weiter geht es vorerst auch für die Auslandsgesellschaften von Roschmann in UK, den USA und Frankreich.

Hoffnungsträger Sanierungsmarkt 

Ende September gab eine VFF-Fachtagung anhand mehrerer Marktstudien einen differenzierten Einblick in die Lage und Aussichten. Einige Marktzahlen lassen sich als erste Anzeichen einer Bodenbildung lesen. Laut B+L Marktdaten ist der Hochbau nach Jahren des Wachstums in eine deutliche Rezession gerutscht. 2024 sank das Bauvolumen im Wohnungsneubau erneut zweistellig. Auch im Nichtwohnbau blieben die Genehmigungszahlen rückläufig, wenn auch auf niedrigerem Niveau. Besonders der Eigenheimbau ist von drastischen Einbrüchen betroffen, erholt sich allerdings nun besser als erwartet – insbesondere der Bau von Einfamilienhäusern. Positiv hervorzuheben ist der hohe Anteil der Modernisierung, die mittlerweile über 70 % des gesamten Hochbauvolumens ausmacht  – zu 75% betrifft dies den Wohnbau und zu 25% den Nichtwohnbau – ein Stabilitätsanker für Planer, Verarbeiter und Zulieferer .

Die aktuelle Hochrechnung von Heinze Marktforschung für 2025 bestätigt: Der Fenstermarkt ist 2024 mit rund 12,9 Mio. Einheiten zwar gegenüber 2022 um fast 17 % geschrumpft, nach einem Jahr der Stagnation (+0,3%) wird für 2026 jedoch wieder ein leichtes Plus von +2,8 % erwartet. Ähnlich entwickelt sich der Außentürenmarkt: Nach einem Rückgang auf 1,14 Mio. Einheiten 2024 zeichnet sich für 2026 ein Wachstum von +2,6 % ab.

Unzureichende Konjunkturmaßnahmen

Der Verband Fenster + Fassade (VFF) erhebt unter seinen Mitgliedern quartalsweise den Konjunkturindex. Im Herbst 2025 zeigt dieser, dass die Talsohle im Wohnungsneubau erreicht sein könnte. Allerdings beurteilen ca. 84 % der befragten Unternehmen die staatlichen Konjunkturprogramme als unzureichend und fordern u. a. steuerliche Entlastung der Betriebe und Mitarbeiter, Senkung der Grunderwerbssteuer, Abrüstung bei Baustandards, eine Vereinfachung der Antragsverfahren für Sanierungsmaßnahmen und eine Entlastung der Montagebetriebe. Unternehmer profitieren, ihre Projekte aktiv an die Förderlandschaften zu koppeln – sei es durch Beratung der Bauherren zu KfW-Programmen oder durch gezielte Vermarktung förderfähiger Produkte. Der VFF bietet dafür Servicedienstleistungen an.

Ausblick

Aufträge für klassische Neubauprojekte werden über das Jahr 2025 hinaus knapp bleiben. Wachstumspotenziale liegen klar in der Sanierung – insbesondere bei energieeffizienten Modernisierungen, einbruchhemmenden Lösungen und nachhaltigen Materialkombinationen. Besonders die Sanierung im Nichtwohnbau gewinnt an Dynamik. Unternehmer sollten prüfen, ob ihre Vertriebskanäle auch Kommunen, Bildungsträger und gewerbliche Bestandshalter adressieren – dort liegen in den kommenden Jahren versteckte Volumina. Für Betriebe, die sich auf die Verschiebung – weniger Massenaufträge im Neubau, mehr kleinteilige, anspruchsvolle Projekte im Bestand – einstellen,  erhöhen sich die Marktchancen. Weitere Marktzahlen und Grafiken zur Lage der Branche finden Sie auf unserer Website.

Es grüßt Sie,


Stefanie Manger
Chefredakteurin

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