UPPER WEST BERLIN

Ikone in Weiß am Breitscheidplatz

Das rund 119 Meter hohe Upper West am Berliner Breitscheidplatz setzt mit seiner geschwungenen weißen Elementfassade einen neuen städtebaulichen Akzent. Bis Sommer soll das Gebäude fertig sein, das Hotel als Hauptmieter zog bereits Mitte April ein. Konstruiert und produziert wurde die Fassade von Dobler Metallbau aus München. Städtebau und Fassadenkonzept stammen von Architekt Prof. Christoph Langhof aus Berlin.

"Hier entsteht ein echtes Wahrzeichen. Die City West wird durch dieses Bauvorhaben endgültig ins 21. Jahrhundert katapultiert!“, äußerte sich schon 2014 Senatsbaudirektorin Regula Lüscher über das ambitionierte Projekt von Architekt Prof. Christoph Langhof, das Upper West Berlin (UWB). Lüscher sollte mit ihren Prognosen Recht behalten. Wie ein Magnet zieht der Doppelturm am Breitscheidplatz alle Blicke auf sich: Mit seinen 118,8 Metern zählt er zu den vier höchsten Gebäuden der Stadt. Seine schlanke Erscheinung, die geschwungene Kubatur mit der stufigen Verjüngung nach oben sowie seine einheitlich helle, durch vorgesetzte Bleche strukturierte Elementfassade verleihen ihm eine eindrucksvolle Plastizität. Mit dem Upper West ist Berlin um ein architektonisches Highlight reicher. Und die City West profitiert – städtebaulich, wirtschaftlich und kulturell.

Gemeinsam mit dem Nachbarturm, dem „Zoofenster“, bildet der Neubau auf dem Grundstück des einstigen Schimmelpfeng-Hauses das westliche „Tor“ zum Breitscheidplatz. Sehenswert ist der Ort am Schnittpunkt von Zoologischem Garten, Kurfürstendamm und Kantstraße nicht zuletzt auch wegen der berühmten Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und des 2013 unter Beteiligung von Dobler Metallbau generalsanierten, denkmalgeschützten „Bikini Berlin“.

Entwicklung und Ausschreibung

Bereits 1994 entwickelte der Berliner Architekt Prof. Christoph Langhof die ersten Pläne für das damals noch als Atlas Tower bezeichnete Projekt. Nach erfolgter Baugenehmigung 2006 auf Basis der Bauantragsplanung von Pro. Langhof sowie 2013 von Prof. Langhof und KSP Jürgen Engel Architekten mit angepasster Nutzung und Tektur wurde die Ed. Züblin AG, Direktion Nord, mit der Ausführung als Generalunternehmen beauftragt. Die Fassade wurde zunächst im Sommer 2013 mittels Wettbewerbsverfahren ausgeschrieben. In einem zweiten Schritt wurde sie in einem Partnerschaftsmodell zwischen Züblin und Dobler Metallbau gemeinsam mit dem Bauherrn und Projektentwickler, der Strabag Real Estate, und dem Architektenteam rund um Prof. Langhof sowie der Züblin-eigenen Fassadenfachplanung konzipiert. Ab Mitte 2014 folgte die Umsetzung. Kurz nach Grundsteinlegung ging das UWB an die RFR Holding über, einem deutsch-amerikanischen Investor, der bereits an sieben Top-Standorten in Deutschland Gebäude innehat.

Konzeption und Nutzung

Geplant wurde das Gebäude von Beginn an so, dass es eine DGNB-Zertifizierung in Gold erreichen sollte. Bei einer Gesamtbruttogrundfläche von 53.000 Quadratmetern und einem Investitionsvolumen von rund 250 Millionen Euro kein leichtes Unterfangen – und doch konnte das Projekt bereits in der Planungsphase alle Anforderungen des Vorzertifikats erfüllen. Das UWB ist ein zweiteiliger Komplex, bestehend aus einem zum Platz orientierten siebengeschossigen Riegel und einem als „optischen Zwillingsturm“ konzipierten, 33-geschossigen Hochhaus. Der konstruktiv und räumlich getrennte Riegelbau schließt mit der kurzen Seite eines L‘s an den südlichen Teil des Turmes an. Er ist das erste Haus am Platz und verfügt über 3.900 Quadratmeter Einzelhandelsfläche und sechs Büroebenen von je 1.200 Quadratmetern Grundfläche. Weitere 1.000 Quadratmeter flexibel gestaltbarer Office-Räume je Stockwerk befinden sich im Turm zwischen 19. und 32. Obergeschoss. Das für sein minimalistisches Design bekannte Motel One erstreckt sich vom Erdgeschoss bis in die 18. Etage und nimmt damit rund 40 Prozent der Gesamtmietfläche ein. 582 Zimmer sind hier in den Preisklassen ab derzeit 79 Euro für ein Einzel- und 94 Euro für ein Doppelzimmer pro Nacht zu haben. Die großzügige Terrasse auf dem Dach des Riegelbaus offeriert dem Gast einen direkten Blick auf Einkaufsmeile und Platz. Außergewöhnlich ist auch die thematische Ausrichtung des Hotels: So standen Kino und Film für die Inneneinrichtung Pate; Bilder des Fotografen Jim Rakete, u.a. von Moritz Bleibtreu und Jürgen Vogel, zieren Gästezimmer und Lounge. An der Kantstraße liegt der Eingang der 1.000 Quadratmeter großen „Skybar“ in der obersten Etage. Von 110 Metern aus bietet sich ein tolles Panorama auf die ganze Stadt.

Turmfassade

Die dynamische Kubatur des Turmes basiert auf der Verschränkung zweier schmaler Baukörper, deren Kanten ausnahmslos abgerundet, deren Stirnseiten aber zum Teil gerade, zum Teil geschwungen ausgebildet sind. Beide Volumina eint die umlaufend homogen gestaltete, netzartige Elementfassade. Aus der komplexen Gebäudegeometrie resultieren etwa 3.700 Fensterelemente mit 696 unterschiedlichen Elementtypen und zusätzlichen 93 unterschiedlichen Sattelelementen auf den Terrassen. „Die Rundungen in der Kubatur erreichen wir über polygonal ausgeführte Elemente mit 23 verschiedenen Winkeln. Hierfür wurden an den Pfostenprofilen unterschiedlich dimensionierte Adapterprofile hinzugefügt“, erläutert Thomas Kiefer, Projektleiter von Dobler Metallbau. Im 5,3 Meter hohen Erdgeschoss kam eine Aluminium-Pfosten-Riegel-Konstruktion zum Einsatz. Ab dem ersten Obergeschoss wurden rund 18.000 Quadratmeter als vorgehängte, inhouse entwickelte Elementfassade der Brandschutzklasse F0 ausgeführt (Ucw = max. 1,0 W/(m²K)). Sie wurde bereits werksseitig mit Verglasung, Sonnenschutz und vorgehängten L-Blechen ausgerüstet, die Vorfertigung erfolgte komplett im Deggendorfer Werk des Metallbau-Unternehmens. Die jeweils 1,43 Meter breiten Elemente sind in den Hotel-Regelgeschossen 2,90 in den Büro-Regelgeschossen 3,42 und im 10. und 33. Obergeschoss (Hotellounge und Skybar) 6,00 bzw. 5,25 Meter hoch. Sie bestehen aus einem umlaufend thermisch getrennten Aluminiumrahmen, der an der Innenseite mit einem dampfdicht ausgeführten Stahlblech am Rohbau angeschlossen ist. Im Bereich der Brüstung liegen zwei 90 Millimeter dicke und an den Rändern verklebte, vorkonfektionierte Lagen der Fassadendämmplatte „Fixrock 035“ (Rockwool). Ein im Randbereich eingebrachter Steinwolle-Streifen verhindert die Kälteabstrahlung im hinterlüfteten Brüstungsbereich, ebenso die Steinwolle-Platten in den Fassadenelementen selbst. Die Ansichtsfläche besteht aus pulverbeschichtetem Aluminium, das als hinterlüftete L-Blech-Verkleidung vor der eigentlichen Fassade montiert ist.

Radarverglasung und Sonnenschutz

Aufgrund der naheliegenden Flughäfen Tegel, Tempelhof und künftig BER war an den Elementen der Nord- und Südseite eine Radarreflexionsdämpfung umzusetzen. Kiefer erklärt: „Wir kombinierten das Spezialglas Contraradar mit einer Schrägstellung der Vorsatzbleche. Letztere sind in einem Winkel von zwei Grad gen Boden geneigt, um die auftreffenden Radarsignale in Richtung der Erdoberfläche zu lenken.“ Contraradar (Saint Gobain) reduziert die Radarstrahlen so weit, dass auf dem Radarbildschirm im Tower des Flughafens keine Dopplungen von Flugzeugsignaturen zu erkennen sind. Für die Standardverglasung im Hotelbereich kam eine Sonnenschutz-Dreifach-Isolierverglasung (Saint Gobain), produziert von Linther Glas, zum Einsatz. Der Bürobereich wurde mit einer Dreifach-Wärmeschutzverglasung in Verbindung mit einem außen liegenden Sonnenschutz (s_enn von Claus Markisen) ausgestattet.

Fensterflügel mit Feststell-Lösung

Ein weiteres Merkmal der Elementfassade sind die manuell bedienbaren Fensterflügel, die in geöffnetem Zustand stufenweise feststellbar sind. So können Sie bei Wind nicht zuschlagen, die Absturzsicherung wird durch die außenliegenden Aluminiumbleche gewährleistet. Für die Flügel griffen die Ingenieure von Dobler Metallbau auf die seit Jahrzehnten bewährte eigene Beschlagtechnik zurück. Diese basiert auf Aluminiumdruckgusskomponenten und dem typischen Edelstahllochband, das die Funktion der Verriegelungsgestänge anderer Hersteller übernimmt. Die Beschlagtechnik ergänzte Dobler um eine projektbezogene Entwicklung der Feststell-Lösung. So wurden alle Anforderungen mit verdecktliegendem Beschlag bei 53 verschiedenen Flügelgrößen erfüllt. Als Profilsystem wurde der Dobler Blockflügel eingesetzt, der schlanke Profilansichten hat und aufgrund projektbezogener Anpassungen das innere Füllblech des Flügels flächenbündig aufnimmt. Die schmälsten voll funktionsfähigen Flügel waren bei einer Höhe von 2.301 Millimeter lediglich 175 Millimeter breit (Außenmaß Flügelrahmen).

Riegelfassade

Im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss kam eine Pfosten-Riegel-Fassade zum Einsatz, ab dem zweiten bis zum sechsten Obergeschoss wurde eine Elementfassade realisiert. Die insgesamt 3.600 Quadratmeter große, dreiseitige Fläche ist konstruiert aus Faserbetonteilen, sogenannten Konchen, und 165 darin eingebetteten Fensterelementen mit vorgesetzten messingfarbenem Rahmen. Sie sind aus massivem Aluminium gefräst und sollen den Fenstern zusätzlich Tiefe verleihen. Die rund 0,6 Tonnen schweren Elemente sind 4,05 auf 2,52 Meter groß und weisen, wie auch die Konchen, mit 70 verschiedenen Typen eine hohe Formenvielfalt auf.

Fertigung, Anlieferung und Montage

Durchschnittlich 120 Fassadenelemente fertigte Dobler pro Woche, die Regelfertigungszeit betrug ein Jahr. Per Lkw wurden die Elemente zu je 20 Stück an die Baustelle geliefert, die Montagearbeiten führte ein 15- bis 20-köpfiges Team eines Subunternehmens aus. Geleitet und koordiniert wurde es während der 18-monatigen Montagezeit vor Ort durch die Dobler-Fachbauleitung. So stellte die Metallbaufirma sicher, dass alle notwendigen Informationen und Materialien fristgerecht zur Verfügung standen und die Qualitätsstandards eingehalten wurden.

Die Herausforderungen an die Logistik mit sehr beengten Zufahrts- und keinerlei Lagermöglichkeiten auf dem Baufeld waren enorm. Unter anderem musste berücksichtigt werden, dass die Nasszellen für die Hotelzimmer als komplett vorgefertigte Elemente während der Rohbauerstellung in die Geschosse eingebracht wurden und so die Logistikrouten für die Fassadenelemente beeinträchtigten. Für die Engstellen entwickelte Dobler daher ein spezielles Transportgestell. Die Montage der Turmfassade erfolgte mittels Etagenkran, der mindestens ein Geschoss über der Einbauebene positioniert war. Dabei wurden die bereits in das Gebäude gelieferten Elemente im Geschoss der Einbauebene in die Horizontale gebracht, an die Last-Traverse bzw. den Kranhaken angebunden und aus dem Gebäude in ihre endgültige Position gehoben. „Auf diese Weise konnten wir ca. 20 bis 30 Elemente pro Tag montieren. Wir haben diese Montageart gewählt, weil sie weniger windanfällig als beispielsweise die Montage über Baukräne oder eine Monorail-Anlage ist. Nichtsdestotrotz: Wenn die Windverhältnisse zu stark waren, mussten wir die Arbeiten unterbrechen. Diese Entscheidung haben wir gemeinsam mit Züblin auf Grundlage der Windmesser an den Baukränen getroffen. Solche Zeitverzüge haben wir dann aber an dem ein oder anderen Arbeitssamstag kompensiert“, so Kiefer. Die Fenster des Riegels wurden nicht vorgehängt ausgeführt, sondern auf eine vorab an der Deckenstirn montierte Unterkonstruktion gestellt. Dies ermöglichte ein zügiges Vorgehen. Die Unterkonstruktion nimmt auch die Faserbeton-Konchen auf, die ebenfalls in situ installiert wurden.

Fazit

Mit dem Upper West ist ein neues Landmark im westlichen Teil Berlins entstanden, das mit seiner weißen Fassade weit hinaus in die Hauptstadt strahlt. Durch seine Mischnutzung aus Retail, Office, Gastronomie und Hotel wird es fester Bestandteil eines vitalen Viertels sein. Die spektakuläre Skybar ermöglicht es Besuchern künftig, Berlin auch in der City West von oben zu betrachten. Von seiner besten Seite zeigt sich das UWB auch in punkto Nachhaltigkeit: Schon in der Planung erhielt es das DGNB-Vorzertifikat in Gold.

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