BIM im Metallbau / Teil II

Drei Fassadenbauer berichten

Theorie und Praxis liegen bei BIM teilweise noch weit auseinander. Während große Untermehmen aus der Stahl-, Metall- und Fensterbranche die neue Planungsmethode im Rahmen von Closed oder Open BIM-Projekten schon längst verinnerlicht haben, spielt BIM für die meisten mittelständischen Betriebe noch überhaupt keine Rolle oder man steht erst am Anfang. Drei Unternehmen haben der Redaktion Einblicke in ihre Arbeit mit BIM gegeben.

Hölscher GmbH & Co. KG

„Prozessoptimierung steht im Vordergrund“

Jochen Hölscher, Geschäftsführer der Hölscher GmbH & Co. KG aus Kleve hat seine eigene Perspektive auf die BIM-Thematik: „Für uns ist nicht die BIM-Koordination von Bedeutung, die in der Regel in der Hand von Auftraggebern, BIM-Planern oder Projektsteuerern liegt. Die Detaillierungsgrade der uns zur Verfügung gestellten BIM-Modelle sind mit LOD 200 bis maximal LOD 300 allerdings bis dato weder verbindlich, noch sind es ‚digitale Zwillinge‘, die eine umsetzbare Ausführungsplanung ermöglichen.“ Hölscher ist vor allem am direkt verwertbaren Nutzen, der Prozessoptimierung und an einer effizienten 3D-Planung der Gebäudehülle interessiert. In diesem Zusammenhang ist die grafische Repräsentation der Baugruppen und Teile mit einem möglichst hohen Detaillierungsgrad ebenso bedeutsam wie die dahinterliegende Datenstruktur. Hölscher ist überzeugt, dass daraus mittelfristig der größte Nutzen resultiert: „Damit werden Konstruktionsabhängigkeiten und Hierarchien handhabbar. Massen, Mengen und Bauteile lassen sich aus dem Modell automatisiert generieren, filtern oder gruppieren, Übersichtszeichnungen oder im besten Fall Einzelteilzeichnungen erstellen und die Produktion der CNC-Maschinen programmieren.“ Derzeit sieht Hölscher die Möglichkeiten im Fassadenbau allerdings als sehr begrenzt und wenig effizient, so dass das Hölscher-Team Projekte derzeit aus Kosten- und Effizienzgründen überwiegend in 2D plant. Allerdings wird intern parallel an Lösungen gefeilt, die eine effiziente Planung in 3D ermöglichen. Hölscher sieht es realistisch: „BIM wird bei uns in einer umfassenden Form erst dann zum Einsatz kommen, wenn die Workflows schneller und wirtschaftlicher werden als die aktuelle Planung in 2D. Andernfalls müsste die BIM-Planung entweder verpflichtend sein, und/oder sie müsste durch den Auftraggeber zusätzlich vergütet werden.“ Das Unternehmen befindet sich in Bezug auf BIM deshalb aktuell in einer „Beta-Phase“, in der versucht wird, BIM-Workflows partiell in Projekten mit der geforderten Detaillierung umzusetzen. „Entscheidend für BIM wird auch die Software sein, da sich CAD-Systeme mit historienbasierter Modellierung im Metallbau kaum werden durchsetzen können, da sie in der Schulung und Anwendung zu kompliziert sind. Systeme wie Autocad, Revit oder Rhino/Grass- hopper eigenen sich deutlich besser. Allerdings fehlen Plugins, welche eine durchgängige Verknüpfung zwischen Datenstruktur und grafischem Objekt ermöglichen. Nur so wird man das erarbeitete konstruktive Projekt-Know-how effizient nutzen, anpassen und wiederverwenden können“, ist Hölscher überzeugt.

www.hoelscher.de

Neumayr High-Tech Fassaden

„Der Mehrwert muss im Fokus stehen!“

Walter Gürtner, Geschäftsführender Gesellschafter von Neumayr High-Tech Fassaden in Eggenfelden und sein Team haben konkrete BIM-Erfahrungen gemacht: „Im Prinzip bearbeiten wir viele Projekte BIM-konform, weil wir das Arbeiten auf einer gemeinsamen Datenbasis und die vielen anderen Vorteile von BIM schätzen, etwa die Visualisierung oder die Abstimmung mit Projektpartnern auf kurzem Dienstweg. Allerdings stellen wir nur unsere Fassadenplanung zur Verfügung und übernehmen im BIM-Prozess keine Managementaufgaben.“ Geplant werden die Projekte mit der CAD-Software AutoCAD / Athena, als ERP-Software kommt Proflex zum Einsatz. Die BIM-Projekte des Auftraggebers werden zwar in AutoCAD importiert – allerdings nur als Grundlage für die eigene Planung. Christian Tausch, technischer Leiter, erläutert den Workflow: „Wir importieren die BIM-Daten über die IFC-Schnittstelle, verwenden sie aber nur als Grundlage, quasi als „Pausunterlage“ für unsere Werkstattplanung, da für unsere Zwecke die Detailtiefe der übergebenen Informationen meist nicht ausreicht.“ Die fertige Werkstatt- und Detailplanung wird digital als PDF eingereicht, aber auch digital für die interne und externe Fertigung zur Ansteuerung von CNC-Maschinen genutzt. Das BIM-Wissen hat sich das Neumayr-Team selbst schrittweise angeeignet. „Die ersten Berührungspunkte mit der BIM-Arbeitsweise haben wir vor etwa fünf Jahren gemacht, und unser Wissen ist nach dem Prinzip „learning by doing“ sukzessive mit jedem BIM-Projekt gewachsen. Direkte BIM-Schulungen hatten wir keine, lediglich Schulungen für Software oder Maschinenansteuerungen“, erinnert sich Gürtner an den Prozess der Einführung.

Die Frage nach den aktuell größten Problemen bei der Einführung und beim Einsatz von BIM, beantworten Gürtner und Tausch einhellig mit der mangelnden Qualität der BIM-Planung: „Auftraggeber übergeben nicht die Planungsgenauigkeit und Detailtiefe, die wir brauchen, um die Fachmodelle direkt in unseren Programmen weiterbearbeiten und danach gleich an die CNC-Maschinen weitergeben zu können. Dies können Sie in der aktuellen Situation auch nicht, da zum Einen das deutsche Baurecht vorsieht, dass bei Ausschreibungen produktneutral ausgeschrieben wird. Zum anderen hat BIM eher ein Personalproblem, da vielen Planern die Qualifikation fehlt, die BIM-Programme richtig zu bedienen und BIM-Modelle in der nötigen Qualität inklusive Spezialwissen bereitzustellen“, ist Gürtner überzeugt. Da sind Theorie und Praxis noch sehr weit von einander entfernt. Solange diese Probleme bestehen, wird BIM auch nie richtig Fuß fassen. Dennoch rät er, BIM ernst zu nehmen: „Man sollte sich von dem Thema nicht abschrecken lassen und wenn ein BIM-Auftrag ins Haus steht, sich damit ausgiebig beschäftigen. Dann lösen sich die meisten Probleme und Hürden fast von selbst. Wer bei den Themen Digitalisierung und BIM vorne ist, ist im Vorteil. Allerdings müssen der Mehrwert für das Unternehmen und die Mitarbeiter stets im Fokus stehen.“

www.neumayr.de


Züblin Stahlbau

„Analoge Prozesse minimieren“

Lars Feulner, Leiter Konstruktion bei der Züblin Stahlbau GmbH hat schon viel Erfahrung in der 3D-Modellierung, einem wichtigen Bestandteil von BIM, denn im Konzern wird schon seit über 20 Jahren mit 3D-Modellen gearbeitet – etwa in den Gewerken Stahl- und Metallbau. Neben der Mengenermittlung oder Visualisierung bietet die modellorientierte Arbeitsweise auch Vorteile für die Fertigung. Lars Feulner nennt ein Beispiel: „Aus den 3D-Modellen werden beispielsweise CNC-Daten für die maschinelle Produktion von Stahlprofilen generiert und digitale Planungsdaten damit ohne Medienbrüche für die Fertigung genutzt.“ Intern ist BIM zwar eine „Insellösung“, aus dem mit der CAD/BIM-Software TEKLA Structures konstruierten BIM-Modell werden aber IFC-Modelle erzeugt, die als Abstimmungsgrundlage für andere Projektbeteiligte dienen. „IFC-Modelle, die wir als Planungsgrundlage von Architekten oder Tragwerksplanern erhalten, werden hauptsächlich als Referenz verwendet. Auch das BIM-Kommunikationsformat BCF für die Abstimmung mit Projektpartnern nutzen wir aktuell noch nicht,“ erläutert Lars Feulner den aktuellen Stand der BIM-Implementierung im Unternehmen. Zu den aktuellen Herausforderungen von BIM – nicht nur im Stahlbau – gehören für Lars Feulner ein unterschiedliches BIM-Verständnis und nicht immer sinnvolle Open BIM-Prozesse: „Es fehlt eine klare BIM-Definition, jeder der Beteiligten hat unterschiedliche Sichtweisen und Inhalte. Softwareübergreifend mit Modelldaten zu agieren ist aufwendig und nicht immer sinnvoll.“ An einer Weiterentwicklung und Verbesserung des Workflows arbeitet das Strabag-Team permanent. So kommen inzwischen Sharing-Funktionen zum Einsatz, um an den 3D-Modellen im Team noch effizienter arbeiten zu können. Und natürlich müssen die Mitarbeiter kontinuierlich geschult werden – auch um neue Funktionen neuer Softwareversionen optimal nutzen zu können. Zu den nächsten Schritten in Richtung BIM und Digitalisierung im Unternehmen gehören laut Feulner die Vernetzung der Modelldaten mit Fertigungsdaten und ERP-Schnittstellen, um analoge Prozesse zu minimieren.

Dirk Otterson, Projektkoordinator im Bereich Zentraler Service der Züblin-Direktion Nord nutzt die modellorientierte Arbeitsweise ganz praktisch für das digitale Bauteil-Tracking im Fensterbau: „Auf einer Baustelle in Berlin-Schönefeld haben wir zusammen mit der Fensterbaufirma Hilzinger aus Willstätt ein modellbasiertes System für die digitale Status-Verfolgung von Fenstern eingesetzt und dabei gute Erfahrungen gemacht. Mit einer Grundfläche von fast 25.000 Quadratmetern und 826 Fenstern, die eingebaut wurden, war es nicht einfach, den Überblick zu behalten und essentielle Fragen zu klären: Was wurde schon geliefert, was montiert, welche Fenster lagern auf der Baustelle, wo sind Nacharbeiten nötig, wo sind sie bereits erledigt? „Bisher wussten wir eigentlich nie, was mit unseren Fenstern auf der Baustelle passiert, und unser Auftraggeber wusste nicht, wo wir in der Produktion stehen“, erinnert sich Nicole Zenk, Betriebsleiterin bei Hilzinger. Diese Transparenz ermöglicht die digitale Bauteil-Verfolgung. Dabei scannt ein Mitarbeiter des Fensterbauers mit einem Handscanner die QR-Codes, die auf den Fensterrahmen kleben. Mit diesem Code beginnt der digitale Lebenszyklus jedes einzelnen der für diese Baustelle produzierten 826 Fenster. „Wir wissen dann, welche Vertragsunterlagen noch fehlen, auch die einzuhaltenden Fristen sind für alle sichtbar. Der QR-Code gibt unter anderem Aufschluss über die Produktionsplanung; ebenso lässt sich der tatsächliche Herstellungsfortschritt jederzeit nachverfolgen“, erklärt Nicole Zenk. Das BIM-Modell hilft, die Übersicht zu behalten. Dirk Otterson erläutert die Vorteile des BIM-basierenden Bauteiltrackings: „Die einzelnen Fenster lassen sich im 3D-Modell visualisieren. Verschiedene Farben zeigen den momentanen Status an. Tabellen und Zahlen ergänzen die Modellinformationen. Wir sehen so, welche Fenster geliefert wurden, ob sie sich auf der Baustelle befinden, welche baudicht sind, bei welchen noch Nacharbeiten nötig sind und wo diese behoben wurden.“

www.zueblin.de

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