ift Tür- und Tortage

Marktbeobachtung ist angezeigt

Mit zwanzig Vorträgen an zwei Tagen, 250 Teilnehmern und Referenten wie Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin, Rechtsanwalt Prof. Christian Niemöller oder Gerhard Breitschaft, Präsident des DIBt, betrachtete das ift Rosenheim die Tür- und Torbranche umfassend aus vielfältigen Perspektiven.

Digitalisierung und Automatisierung stellen neue Anforderungen an die Regelungen rund um Türen und Tore. Aufgabe der Fachexperten ist es, die verwendeten Produkte sicher im Gebrauch sowie sicher vor unberechtigter Nutzung zu machen, dazu gehört auch die Einbruchhemmung. „Die enorme Geschwindigkeit, mit der die Digitalisierung die Produkte verändert, wird für die Aktualität der Regelwerke und Normen zur Herausforderung“, stellte Christian Kehrer vom ift fest.

Beim ift Rosenheim wurde bereits vor zehn Jahren begonnen, die Besonderheiten von elektromechanischen Komponenten beim Einsatz in Fenstern und Türen zu erforschen. Die Untersuchungen zu Kabelführung, IP-Schutzarten oder bauphysikalischen Einflüssen auf elektrotechnische Komponenten sind aktueller denn je. In der ift-Richtlinie EL-01/1 „Elektronik in Fenstern, Türen und Fassaden“ finden sich Checklisten, Konstruktionsvorschläge und Empfehlungen für den Abstimmungsprozess mit dem Gewerk Elektroinstallation sowie Informationen zu Leitungsführung und Übergabepunkten usw.

Für die Normungsarbeit stellt sich die Integration von mechatronischen Bauteilen, welche per Taster, Funk oder Smartphone bedient und benutzt werden können, als größte Veränderung in der Normung dar. Es gilt Prüfszenarien für diese Produkte zu erarbeiten, welche über die bis dato bekannten mechanischen manuellen Anforderungen hinausgehen. Im Besonderen stellt sich die Frage, wie sich die elektronische Manipulation verhindern lässt. Bei schlüssellosen Türen, die per Funk, Transponder oder Biometrie arbeiten, sollte die elektronische Verarbeitung der Signale sicherer innerhalb des Hauses erfolgen. Erste stabile Entwürfe der überarbeiteten Fassung von EN 1627 ff sind Anfang 2019 zu erwarten.

Robert Krippahl vom ift Rosenheim unterstrich: Aussagen über die mögliche Anwendung von elektromechanischen Komponenten ist einer der wichtigsten zu berücksichtigenden Punkte bei der Erarbeitung der neuen EN 1627: „Erforderliche Schutzziele für smarte Produkte sind sinngemäß der mechanischen Komponenten festzulegen. Dafür besteht Handlungsbedarf.“

In der EN 1628 gibt es eine aktualisierte und präzisierte Tabelle für die Verglasung einbruchhemmender Bauelemente, die zu beachten ist, sowie einige Präzisierungen zu Probekörpern und dem Prüfablauf in EN 1628, EN 1629 und EN 1630, die aber nicht wirklich prüfrelevant sind. Brisanter ist die Diskussion zur Änderung der EN 1627, die für 2019 ansteht. Hierzu zählen beispielsweise die Anforderungen an die „Verschlusssicherheit“ von Beschlägen, kleinere Abmessungen für durchgangsfähige Öffnungen im Umfeld des Beschlags, mit der das Durchgreifen und Betätigen des Griffes verhindert werden soll, sowie die Bewertung mechatronischer Beschläge, für die das ift Rosenheim gemeinsam mit der HFA für den DACH-Bereich eine Richtlinie erarbeitet.

Interessant war auch die Diskussion möglicher Anforderungen an einbruchhemmende Tore und Schranken gemäß EN 13241, weil diese nicht im Anwendungsbereich der EN 1627 ff. enthalten sind. Die Kriminalpolizei und die Niederländer orientieren sich dennoch an den Kriterien der EN 1627 und lehnen eine Einsatzempfehlung gemäß TTZ-Richtlinie ab. Das ift Rosenheim prüft und klassifiziert nach der DIN V ENV 1627 bis 1630:1999, bei denen Tore noch im Anwendungsbereich enthalten sind. Zur Klärung dieser Situation wird an einer eigenständigen Norm „Einbruchhemmung für Tore nach EN 13241“ gearbeitet, die sich an den Prüfverfahren der EN 1627 ff. orientieren soll, um eine vergleichbare Klassifizierung zu haben, die auch von der Polizei anerkannt wird (KPK-Liste).

Josef Moosreiner vom Bayerischen Landeskriminalamt München kam beim Thema Einbruchschutz ebenfalls auf  den Trend Smart-Home zu sprechen. Er warnte vor  einfachen  Smart-Home-Angeboten, die statt geeigneter mechanischer Sicherungstechnik angeschafft werden. „Der mechanische Einbruchschutz sei es bei der Nachrüstung oder beim Einbau neuer Bauelemente,bildet nach wie vor die Grundlage jeder Sicherungsmaßnahme, um den Täter aufzuhalten“, gab er zu bedenken. Elektronische Sicherungstechnik hält den Täter zwar nicht auf, erhöht jedoch das Entdeckungsrisiko. Wichtig ist die sinnvolle Abstimmung zwischen mechanischer und elektronischer Sicherungstechnik auf Grundlage fachgerecht montierter, geprüfter und zertifizierter Produkte. Der Präventionsexperte berichtete von einer zunehmenden Nachfrage nach einbruchhemmenden Garagentoren, da Einbrecher auch über die Garage und eine dortige Verbindungstür in das Wohnhaus einbrechen oder aus der
Garage Gegenstände entwenden, z.B. hochwertige Motorräder und Fahrräder. Aktuell werden deshalb durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau auch einbruchhemmende Garagentore gefördert. Das Programm ist allerdings auf Garagen beschränkt, über die ein Zugang zum Wohnhaus möglich ist.

Der Grad der Einbruchhemmung wird über die Widerstandsklassen RC 1-6 festgelegt. Mit dem Widerstand der verschiedenen Klassen verbindet sich ein festgelegter Zeitraum, in dem das Bauelement dem manuellen Einbruchsversuch mit definierten Werkzeugen widersteht. Beim ift-Expertentag Sicherheit forderte der Befestigungsexperte Dr. Jürgen Küenzlen von Würth die Mitarbeiter der Normenausschüsse auf, die definierten Werkzeugsets (RC 1 -6) zu überprüfen. Moosreiner hält diese nach wie vor für aktuell: „Die Werkzeuge, die den unterschiedlichen Widerstandsklassen zugeordnet sind, passen noch. Über die Druckspuren an den Tatorten sind wir auf dem Laufenden, welche Mittel die Einbrecher nutzen. Derzeit sind Standardkonstruktionen mit einem einfachen Hebelwerkzeug in wenigen Sekunden zu öffnen, das bildet der Prüfschraubenzieher aus dem RC 2 Werkzeugsortiment ganz gut ab. Sollte es ein neues revolutionäres Öffnungswerkzeug geben, dann müssen wir das natürlich für die Widerstandsklassen berücksichtigen.“
Auf den Listen der Kommission Polizeilicher Kriminalprävention sind inzwischen 103 Fenster- und Fassadenhersteller zu finden sowie 91 Türenhersteller und vier Torhersteller.

Die Automation von Gebäudeelementen mit ihren Vorteilen für Sicherheit, Energieeffizienz, Komfort und Gesundheit wird Standard. „Bereits seit der EnEV 2014 werden Fragen zum Automationsgrad des Gebäudes gestellt und beeinflussen die Berechnung des Jahres-Primärenergiebedarfs, welcher im Energieausweis ausgewiesen wird“, berichtete Prof. Dr. Michael Krödel. In Konsequenz wandeln sich konventionelle Gebäude zum „Smart Building“. Jegliche Komponente – auch Türen und Tore – der „technischen Gebäudeausstattung“ wird mittelfristig kommunikationsfähig und entweder direkt oder über klassische Controller an ein Building Management System (BMS) angeschlossen.

Fachbetrieben, die in den Markt Smart-Home einsteigen möchten, empfiehlt Prof. Krödel mit einfachen Systemen zu starten. „Beschränken Sie sich notfalls zunächst auf Komponenten, die von anderen in deren Systeme eingebunden werden.“ Mittelfristig gilt es zwei bis drei für das eigene Portfolio geeignete Systeme zu finden. Diese sollten in jedem Fall mit standardisierten Protokollen arbeiten. Für die Kooperation mit dem Kunden sei es wichtig, die Art der Bedienung und das Verhalten der Automatik vorab genau zu besprechen. Im Falle einer Internetanbindung sollten Sicherheitslücken hinsichtlich des verarbeiteten Produkts möglichst ausgeschlossen werden und ein Haftungsausschluss für Mängel durch Dritte im Vertrag festgehalten werden. Wünscht der Kunde eine Nachbetreuung, sollte diese kostenpflichtig vereinbart werden.
Erbringt der Metallbaubetrieb Planungsleistungen beim Einbau von Smart-Home-Produkten und arbeitet mit einer Elektrofirma zusammen, dann sollte es konkrete Vorgaben für den Einbau und den Anschluss der vereinbarten Komponenten geben. Ebenfalls sollte abgestimmt werden, wer die Verkabelung plant bzw. wie dies dokumentiert wird.
Wird eine komplette Haustechnik mit externer Planung über einen Systemintegrator installiert, dann sollten funktionale Beschreibungen für die automatisierten Komponenten vereinbart werden. Um Abhängigkeiten vom Systemintegrator zu vermeiden, sollte man sich den Quellcode der Programmierung geben lassen.

Digitalisierung fordert Ethik

Am Beispiel des automatisierten Fahrens zeigte Prof. Julian Nida-Rümelin wie die Digitalisierung mit ihrem Optimierungskalkül in Deutschland an die Grenze des deontologischen Weltbildes stößt. Dieses ist im Grundgesetz, Artikel 1 „Die Würde des Menschen ist unantastbar …“ verankert. So darf die Frage, ob eine automatisierte Steuerung eines Autos im Ernstfall lieber einem Kind ausweichen soll und die Kollision mit einem Senior präferiert, nicht von einer Software beantwortet werden. Kann der Fahrer nicht aus der Verantwortung genommen werden, ist automatisiertes Fahren in Deutschland nur in einem begrenzten Rahmen möglich.

Produkte mit künstlicher Intelligenz wie Amazons Alexa oder Siri von Apple bereiten offenbar dem Deutschen Ethikrat solches Kopfzerbrechen, dass er sich offiziell gegen eine Personalisierung von Software ausspricht. „Neuartige Technologien sorgen dafür, dass Kindern die Unterscheidung teils nicht mehr gelingt“, so Prof. Nida-Rümelin.

In seinem Vortrag distanzierte er sich von Prognosen einzelner wissenschaftlicher Studien, dass mit zunehmender Digitalisierung in den nächsten 50 Jahren 80 Prozent der Berufstätigkeit überflüssig werde. Warum? In der Vergangenheit hätten sich derartige Prognosen alle als falsch erwiesen: „Die These, uns geht die Arbeit aus, ist bislang immer falsifiziert worden.“ Der Philosoph geht vielmehr davon aus, dass Digitalisierung produktiven Zentren wie Deutschland einen Produktionszuwachs beschere.

Markt Glastrennwände

Mit Sicherheitsglas lassen sich durchsichtige, durchscheinende oder opake Wände bauen. Neben der Festverglasung lassen sich Glaswände schieben, falten und drehen. Wenngleich Ganzglas­anlagen die Trennung zwischen Innen- und Außenklima herstellen, verfügen diese über keine Dicht- und Entwässerungssysteme und enthalten bauartbedingt offene Konstruktionsfugen. Damit sollen die wesentlichen Merkmale des Produkts zusammengefasst sein.
Bereits vor einigen Jahren ist die „Vier-Meter-Ausnahme-Regelung“ mit der Einführung der DIN 18008 entfallen. Damit muss auch die Standsicherheit von Ganzglasanlagen nachgewiesen werden.  Der Statische Nachweis betrifft die Punktlagerung, Ausschnitte sowie Bohrungen, Mehrfeldlagerungen, Aussteifungsgläser und die Resttragfähigkeit, wie Wolfgang Böttcher referierte. Seit Kurzem im Ruhestand leitet er den Arbeitskreis BIV-Ganzglasanlagen.
„In der Normungsarbeit gibt es zu Ganzglasanlagen Lücken, die Bauart ist in der DIN 18008 nicht vollständig erfasst“, wies der Glasexperte hin. 2010 wurde speziell für Glastüren und Glaswände eine DGUV-Information 208-014 der Deutschen Gesetzlichen
Unfallversicherung (DGUV) herausgegeben. Neu ist eine Technische Richtlinie Nr. 6 des Bundesinnungsverbands des Glaserhandwerks Hadamar, in der die allgemein anerkannten Regeln der Technik von Ganzglasanlagen beschrieben sind. Darüber hinaus gelten die Landesbauordnung und die MVV TB für die korrekte handwerkliche Ausführung. Bei Verwendung der Beschläge gilt es die Vorgaben der Hersteller einzuhalten.

Managementsysteme im Trend

Die Normenrevisionen der unterschiedlichen Managementsysteme zeigen Wirkung. Werner Kammerlohr von der ift Zertifizierungsstelle berichtete von einem Aufwärtstrend. Für Qualitäts- und Umweltmanagementsysteme lassen sich im Jahr 2017 jeweils ca. acht Prozent Zuwachs verzeichnen. Wobei der Referent die Organisation eines 50-Mann-Betriebs ohne Qualitätsmanagement inzwischen eher für schwierig hält.

„Mit einer Zuwachsquote von 69% ist das Energiemanagementsystem in Deutschland derzeit der Renner“, berichtete Kammerlohr. Bereits 2015 wurde das Qualitäts- und Umweltmanagementsystem einer Revision unterzogen. Inzwischen endet 2018 die Übergangsfrist für Zertifizierungen nach der alten Version. Die ISO-Version der bisherigen BS OHSAS 18001 wurde am 12. März 2018 als Ersatz endgültig veröffentlicht, es gilt wieder eine dreijährige Übergangsfrist. Auch die Revision der Energiemanagement-Norm nach DIN EN ISO 50001 ist noch für 2018 geplant.

Danach haben alle diese Normen den gleichen Aufbau, sowie gleiche inhaltliche Anforderungen bei übergreifenden Themen wie z.B. den internen Audits oder der Managementbewertung usw. Für Firmen, die eine Neuzertifizierung anstreben, ist es wesentlich einfacher geworden, ein oder mehrere Managementsysteme einzuführen. Für die Erstzertifizierung des Qualitätsmanagementsystems bei einem 50-Mann-Betrieb müsse man mit ca. 5.000 Euro Kosten rechnen, erweitert das Unternehmen um ein zweites Managementsystem, käme nur noch ein Drittel der Kosten hinzu. „Ist ein System implementiert, erfüllt der Betrieb etwa 60 Prozent der drei weiteren Systeme“, erklärte Kammerlohr. Für die Vorbereitung der Erstzertifizierung eines 50-Mann-Betriebs müsse das Unternehmen einen Mitarbeiter sechs Monate lang abstellen. Wesentliche Vorteile der Systeme für die Fenster- und Fassadenbranche sind die Reduzierung von teuren Fehlern, mehr Rechtssicherheit, gezielte Verbesserungen, klare Strukturen, geregelte Abläufe usw. Nach den Erfahrungen von Kammerlohr seien Betriebe nach fünf Jahren Qualitätsmanagement im positiven Sinn nicht mehr wiederzuerkennen. „Diese Betriebe haben heute wesentlich mehr Drive und völlig andere Themen auf dem Schirm.“

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