Die Schweizer Branche & Corona

Folgen für die Metallbaubetriebe

Auf die Schweizer Metallbaubetriebe hat sich die Corona-Krise ganz unterschiedlich ausgewirkt. Kurzfristig wurden viele private Kundentermine abgesagt. Auf den Baustellen konnte mit wenigen Ausnahmen weitergearbeitet werden. Unklar bleibt, wie sich die Lage langfristig weiterentwickeln wird.

Am 28. Februar 2020 rief der Schweizer Bundesrat die „besondere Lage“ aus. Daraufhin wurden unter anderem Grossveranstaltungen mit mehr als 1.000 Personen verboten. Am 13. März 2020 kündigte der Schweizer Bundesrat an, dass ab dem 16. März 2020 die „außerordentliche Lage“ ausgerufen wird aufgrund der bedrohlichen Ausbreitung von COVID-19. Die Schulen blieben geschlossen sowie alle Läden und Geschäfte, die keine Güter fürs tägliche Leben (z.B. Lebensmittel oder Medikamente) verkauften. Auch wurden sämtliche öffentlichen und privaten Versammlungen verboten und es wurde aufgerufen, auf den öffentlichen Verkehr möglichst zu verzichten. In einzelnen stark von COVID-19 betroffenen Kantonen, etwa dem Tessin und einzelnen Westschweizer Kantonen, wurden auch die Baustellen gestoppt. Rückblickend bestand damals für viele Unternehmen die größte Herausforderung in der Unsicherheit. Es war für niemanden klar, wie sich die Situation weiterentwickeln, wie lange sie bestehen bleiben und welche langfristigen Auswirkungen sie haben würde.

COVID-19-Kredite und Kurzarbeitsentschädigung

Alle Firmen in der Schweiz konnten unbürokratisch Kredite in Höhe von 10% ihres Jahresumsatzes beantragen, sofern sie eine Betroffenheit von den COVID-19-Verordnungen geltend machen konnten. Liquiditätsengpässe konnten verhindert werden, da die Kredithilfen schnell auf den Konten der Unternehmen eintrafen. Auch wenn diese Kredite in den meisten Fällen zinslos sind, darf jedoch nicht vergessen werden, dass diese nach einer bestimmten Frist in der Zukunft zurückbezahlt werden müssen.

Ebenso konnte Kurzarbeitsentschädigung beantragt werden, was verschiedene Metallbaufirmen auch machten. Die antragsstellenden Firmen mussten darlegen, dass sie von den COVID-19-Verordnungen in Mitleidenschaft gezogen worden sind.

Folgen für den Metallbau & die Baubranche

Einzelne Gewerkschaften forderten  auch in der Deutschschweiz vehement einen Stopp der Baustellen – neben den eingangs erwähnten tatsächlich vorgenommenen Baustopps im Tessin und verschiedenen Westschweizer Kantonen. Der flächendeckende Baustellenstopp konnte jedoch verhindert werden, was im Nachhinein gesehen der richtige Schritt war. Die Regierung verließ sich auf die Verantwortung der Baubranche.

Die kurzfristigen Effekte zeigten sich etwa beim Segment der Privatpersonen. In dieser Zeit wurden viele Termine bei Privatpersonen abgesagt − wie etwa Anfragen für kleinere Reparaturen etc., die nicht zwingend dringend und wichtig waren. Betroffene Gewerbebetriebe (z.B. aus der Hotellerie, der Gastronomie und der Industrie) zogen ebenfalls Aufträge zurück.

Die meisten größeren und kleineren Baustellen hingegen liefen weiter. Ein Stopp dieser Baustellen hätte hohe Kosten verursacht, wodurch die Auftraggeber davon absahen. Vereinzelt wurden aber Baustellen von den Behörden gestoppt, wenn die Hygienemaßnahmen nicht eingehalten wurden.

Die verordneten Hygiene- und Sicherheitsmassnahmen stellten im Allgemeinen eine Herausforderung dar. Erstens war unklar, wie diese umgesetzt werden sollten, und zweitens führten die Maßnahmen zu Mehrkosten und Produktivitätseinbußen für die Firmen. Es galt u.a. Mitarbeitende, die zu den Risikogruppen zählen, besonders zu schützen und andere Mitarbeiter dafür zu sensibilisieren.

Zudem führte die Unsicherheit bei stark von den COVID-19-Verordnungen des Bundesrates betroffenen Branchen dazu, dass einzelne Kunden Aufträge stoppten oder neue Aufträge nicht vergaben. International tätige Firmen merkten, dass Lieferketten unterbrochen wurden und Lieferengpässe drohten. Andere wiederum merkten, dass ihr Umsatz stark zurückging respektive zurückgehen würde, je nachdem, in welchen Märkten sie tätig sind. Für bestimmte Firmen führte die Lage in einzelnen Ländern und die damit zusammenhängenden Herausforderungen mit der Logistik dazu, dass ihr Geschäftsgang beeinträchtigt wurde. Metallbauer, deren Kunden davon betroffen waren, merkten dies auch.

Über den Metallbau sind meines Wissens keine belastbaren Zahlen über die Auswirkungen von Corona auf den Umsatz der Metallbaubranche bekannt. Einen Blick auf den Bauindex des Bauhauptgewerbes zeigt, dass der Wert im 3. Quartal 2020 um 8,6 Prozent unter dem Wert des Vorjahresquartals liegt. Die Baugesuche hingegen gingen um vier Prozent zurück. Auch diese Auswirkungen können erst langfristig richtig beurteilt werden, da Baugesuche eine gewisse Vorlaufzeit benötigen. Diese Zahlen zeigen auch, dass immer noch gebaut und geplant wird.

Neue Formen der Zusammenarbeit

Vor allem die Umsetzung der Social-Distancing-Regeln und der Umgang mit Personen aus der Risikogruppe führten dazu, dass für einige Mitarbeitende im Büro die Möglichkeit für Homeoffice eingerichtet wurde. Verschiedene Metallbaufirmen hatten bereits zuvor Erfahrungen damit. Andere wiederum mussten in kurzer Zeit die Infrastruktur dafür schaffen, damit einzelne Mitarbeitende auch von zu Hause aus möglichst reibungslos arbeiten konnten. Die Suche nach neuen Laptops war nicht immer einfach aufgrund der sich zuspitzenden Lieferengpässe aus Asien. Homeoffice erforderte auch eine Regelung der Zusammenarbeit untereinander, da sie häufiger virtuell stattfand. So wurde der Umgang mit Videokonferenzen schnell gelernt und erprobt. Die oftmals kritische Haltung gegenüber Homeoffice wurde teilweise relativiert, da auch die Vorteile ersichtlich wurden z.B. ablenkungsfreies Arbeiten, größere und geschätzte Flexibilität für die Mitarbeitenden.

Blick in die Zukunft − Aussichten

Das SECO geht für die Schweiz von einem BIP-Rückgang von  fünf Prozent im Jahr 2020 aus. Laut Bundesamt für Statistik haben im zweiten Quartal ca. 55.000 Mitarbeitende und ca. 24.000 temporäre Arbeitskräfte ihre Stelle verloren. Die Handelszeitung geht sogar von mindestens 100.000 Personen aus. Verschiedene Firmen können nur aufgrund von Kurzarbeitsentschädigung überleben. Nichtsdestotrotz gibt es auch Branchen und Firmen, die keinen Umsatzrückgang verzeichnen mussten, teilweise sogar profitieren konnten.

Für Metallbaubetriebe bedeutet dies, dass der Geschäftsgang stark von der Kundenstruktur abhängt. Falls ein Großteil der Kunden etwa im Tourismus (z.B. Hotellerie) oder der Eventbranche tätig sein sollte, dann kann der Umsatzeinbruch je nach Region groß sein. Dazu muss auch gesagt werden, dass einzelne Regionen wiederum stark vom inländischen Tourismus profitiert haben, die Buchungen von ausländischen Touristen hingegen waren stark rückläufig. Je nach Kundenfokus der Tourismusregionen hatte dies also entsprechende Auswirkungen auf die Umsätze. Bei den Privaten hingegen zeigt sich, dass viele Personen vermehrt Zeit hatten, sich mit Bauprojekten zu beschäftigen, und auch das Ferienbudget nicht aufbrauchten. Dies führt teilweise gar zu erhöhten Investitionen beim Segment der Privatpersonen.

Die Unsicherheit bleibt

Die Zinsen sind immer noch tief, die Negativzinsen sind noch vorhanden. Das heißt, im Markt ist immer noch genügend Geld und es wird auch noch investiert. Es ist jedoch nach wie vor unklar, wie Investoren konkret reagierten und ob geplante Großrojekte zurückgezogen wurden. Jene Branchen, die unter der Situation am meisten leiden, werden aller Voraussicht nach weniger oder gar nicht investieren, um nicht Liquiditätsprobleme zu beklagen. International tätige Metallbaufirmen bleiben abhängig davon, was im Ausland passiert.

Zudem ist unklar, ob in Zukunft eine Delle in der Auftragslage vorhanden sein wird. Vorauseilende Indikatoren (z.B. Bautätigkeit bei den Baumeistern, Gespräche in der Branche) zeigen unterschiedliche Meinungen auch in den Regionen. Die Auswirkungen können aktuell noch nicht vollständig abgeschätzt werden.

Der Autor

Dr. Alexander Fust leitet den Bereich Transfer & Fördergefäße am Schweizerischen Institut für Klein- und Mittelunternehmen an der Universität St. Gallen. Er leitet verschiedene Erfahrungsaustauschgruppen von Metallbaufirmen.

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